Berliner Weiße
Berliner Weiße
Im Zuge unserer Biersommelierausbildung bei der Bierakademie hat Chris das Thema Berliner Weisse bekommen. Das Thema hat nicht nur einen historischen Wert, sondern auch einen kulturellen in der deutschen Geschichte des Bieres.
Herkunft und Geschichte
Erste Spuren des Berliner Bieres finden sich in den ethnographischen Monographien von Konsul Publius Cornelius Tacitus. Dieser schrieb in der sogenannten „Germania“ Schrift 98 n. Chr. über die in der damaligen Berliner Gegend ansässigen Germanen nieder: „Potui humor ex Horde aut frumento, in quandamsimilitudinum vini corruptus; proximi ripaet et Visum mercantur“ , was soviel bedeutet wie: „Als Getränk dient ihnen ein Saft, der unter Verwendung von Gerste oder Weizen bereitet und ähnlich wie Wein vergoren ist“.
Es wird angenommen, dass das Gebiet zwischen Teltow und dem Barnim seit 2500 v. Chr. Bereits besiedelt war. Daraus konnte sich eine Kultur durchaus entwickeln. Es wurden neben Resten von Spelzen und Körnern auch Gärhefebakterien in der Gegend bei Ausgrabungen gefunden. Bier war bis ins 16. Jahrhundert nicht mehr so beliebt wie Wein. Ab dieser Zeit aber wurde es deutlich beliebter, da es sich besser zum Tabakgenuss trinken lies. Auch waren bis zu der Zeit des Reinheitsgebotes um 1516 alle Biere sauer. Man kannte weder Reinzuchthefe noch die „reine Gärung“.
Eines der ersten sauren Biere wurde Kater genannt, weil es den Leuten im Kopf kratzte.
Weiter waren die sauren Biere so bekannt:
Magdeburg = Filz
Goslar = Gose
Dernburg = Störtenkeerl
Lübeck = Lübische Israel
Hannover = Broihan
Buxtehude = Ich weiss nicht wie
Die Anfänge des Berliner Bieres gehen bis auf das 14. Jahrhundert zurück. Um 1577 entstanden die ersten Brauereigilden. Das Braugewerbe bildete eine große Sicherung der Einnahmen des Landesherrn. Nur betuchte Kaufleute konnten sich das Brauen leisten, denn sie mussten feuerfeste Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Auch wurde die sogenannte „Bierziese“, eine Biersteuer eingeführt, die für die Erhöhung der Preise sorgte. Eine der ersten bekannten Weissbierbrauereien in der Friedrichstraße 41 entstand 1741 durch die Einwanderung der Hugenotten ab 1672 und durch den vorherigen Einfluss des bernauschen Bieres das um 1650 in die Stadt Berlin mit 51 verschiedenen Bieren drang. Die Biere wurden ab dem 18. Jahrhundert beliebter, konnten aber erst im 20. Jahrhundert durch Louis Pasteur und die Reinzuchthefe wirklich verstanden werden. Bis dahin unterlagen sie einer spontanen Vergärung.
Berliner Weissbierstile
• Budikerweiße – Wasser verdünnte Vollweiße (Halbweiße)
• Doppelweiße – Vollweiße
• Eene von’t eichene Brett – Je nach Jahrgang und Lagerung (3,4,7,9,11 Jahre alt) eine Edelweiße, Champagnerweiße, Rieslingweiße
• Sandweiße – In einer Glas- oder Tonflasche vergraben und gelagert
• Steinweiße – Im Steinkrug vergraben und gelagert
Herstellung & Geschmack
Das Weissbier im 17. Jahrhundert wird als weinklar, süßlich säuerlich und stark moussierend beschrieben. Im Gegensatz zum 20. Jahrhundert wurde das Weißbier im 18. Jhd. noch mit Hopfen gekocht. Das bedeutet die Mikroflora des Malzes nicht in die fertige Würze gelangen sollte. Die offene Auskühlung der Würze im Kühlschiff sorgte dafür, dass säurebildende Mikroorganismen in die Würze gelangten. Darum konnten die Biere auch nach einigen Tagen essigsauer werden. Im 20. Jahrhundert haben sich die Reinzuchthefen schließlich durchgesetzt, damit konnte die Gärung zielgenau vorgenommen werden. Ein Großteil der Säure wurde im Bottich gebildet und reifte später in den Flaschen nach. In den Flaschen reifte das Bier bis zu 14 Tagen nach und bildete nach einem halben Jahr Reifezeit seinen vollständig Geschmack aus.
Damals bestimmte die Hausflora und die Anstellhefe die Qualität der Berliner Weissen. Später trat die Reinzuchthefe dem entgegen und das Kochen der Würze unter hohen Temperaturen sorgte für das sauberere Brauen mit weniger Mikroorganismen in der Würze. Heute werden für die perfekte Herstellung ein keimfreies, hygienische reines Equipment benutzt und für die Gärung Milchsäurebakterien und für Nachgärung die Brettanomyces Bruxellensis Hefezellen verwendet.
Klassische Technologie der Berliner Weißbierherstellung
Gersten- und Weizenmalz werden in einem Schüttungsverhältnis von 1:3 … 1:4 verarbeitet. Das Weizenmalz soll dabei nur knapp gelöst sein, um die Schaumhaltbarkeit zu gewährleisten. Die Stammwürze liegt seit dem Biersteuergesetz von 1923 bei 7-8%. Vorher lag sie bei 11-12% und das Weißbier konnte mit Wasser in der Flasche verdünnt werden. Ein Zwei- bzw. Dreimaischverfahren soll dem Bier einen herzhaften Geschmack verleihen. Die Würze wird nicht gekocht. Die Hopfengabe beträgt 0,75 bis 1kg pro 100 Kg Malz. Der Hopfen kommt ins Einmaischwasser, dadurch wird die Treberschicht im Läuterbottich lockerer und die Läuterung erleichtert. Vom Läuterbottich wird die Würze ins Kühlschiff gepumpt. Die Würze wird auf 85-88°C erwärmt um mögliche Infektionen auszuschliessen.
Die Säuerung erfolgt durch Milchsäurebakterien. Die Gärung findet offen statt und kann mit jeder obergärigen Hefe vollzogen werden. Bei der Gärung kommen die gesündesten Milchsäurebakterien an die Oberfläche. Ist die Gärführung auf 6:1 Hefezellen zu Stäbchen ausgerichtet und damit die Temperaturführung wärmer so ist der Säuregehalt stärker. Die Dauer der Nachgärung entscheidet über die Säurebildung, so kann auch kälter und langsamer vergoren werden. Der Hefeaufgrieb beginnt nach ca 48h. Die Optimaltemperatur für die Milchsäurebakterien liegt bei 24-33°C. Die Hefe wird bei der Gärung auch abgeschöpft Umsiedlung wiederzuverwenden. Um den Co2 Gehalt von 0,5-0,55% zu gewährleisten wurde das Bier mit einem Frischbier bis 12-15% versetzt. Die Nachgärung braucht 2-3 Wochen und findet bei 12-16°C statt. In der Flasche kann Nachgesäuert werden. Auch die Kohlensäurebildung findet in den Flaschen durch die Brettanomyces Bruxellensis statt.