Bierpersönlichkeiten

 

Markus Raupach

Bierpersönlichkeiten - Markus Raupach

Der Edelbrand-, Käse- und vor Allem Bier-Sommelier Markus Raupach wurde 2012 mit dem Bamberger Bierorden und der goldenen Bieridee 2015 ausgezeichnet. Als Juror an den internationalen Bierwettbewerben und als Gründer der deutschen Bierakademie, hat er sich national und international einen Namen gemacht. Wir haben den viel beschäftigten Autor der interessantesten Bierbücher und Bierführer getroffen und durften ein paar Fragen an ihn stellen, die uns schon lange brennend interessierten.

Wie bist Du zum Bier gekommen? Was war der Anlass dafür?

Das ist für einen Bamberger eine leichte Frage. Wenn man in dieser Stadt mit ihren zwölf Brauereien aufwächst, dann gehört das Bier einfach zum Alltag. Und da geht es gar nicht unbedingt ums Trinken. Ich bin mit meinen Eltern im Sommer sehr oft im Biergarten gewesen und habe mich über die Spielplätze und Spielkameraden gefreut. Und wir haben in der Nachbarschaft zur Mälzerei Weyermann gewohnt, weswegen ich von klein auf den Geruch des Malzes lieben gelernt habe – es gab schließlich immer schönes Wetter, wenn man die Mälzerei gerochen hat.

Wie groß ist Deine Leidenschaft zum Bier und was bringt diese mit sich?

Groß ist relativ, aber ich hege schon eine große Bewunderung für unser Kulturgetränk Nr. 1. Schließlich haben die Menschen schon Bier getrunken, bevor sie sesshaft wurden, es hat alle Zeitalter begleitet, war wichtiges Wirtschaftsgut und teils sogar Bestandteil religiöser Zeremonien. Außerdem kann Bier natürlich wunderbar schmecken, hat eine unglaubliche Aromenvielfalt und ist perfekter Begleiter zu nahezu jeder Speise. Da kann man schon ins Schwärmen kommen…

Als Gründer der Bierakademie hat man sehr wahrscheinlich eine eigene Philosophie zu Bier? Welche ist Deine und warum gibt es die Bierakademie überhaupt?

Das Schöne am Gerstensaft ist: Bier ist bodenständig. Mit einem schönen, kühlen Fläschchen kann ich jeden Menschen abholen, egal ob er Vorstandsvorsitzender oder Bauarbeiter ist. Das erleben wir immer wieder bei unseren Veranstaltungen. Und darin steckt auch schon das Geheimnis hinter den vielen positiven Bewertungen. Wenn wir eine Verkostung machen, dann tun wir genau das mit den Teilnehmern, was Menschen generell am liebsten tun: Gemeinsam lachen, uns unterhalten, etwas trinken und essen. Schöner kann man seine Zeit eigentlich gar nicht verbringen.

Und dabei vermitteln wir ganz nebenbei das Hintergrundwissen rund um die Biergeschichte, die Herstellung und die Rohstoffe. Das ist der eine Teil der Bierakademie. Der andere Teil dreht sich um die Beratung und Weiterbildung für Brauereien, Handel, Gastronomie und Verbände. Hier arbeiten wir seit vielen Jahren intensiv, um die Biekultur und ihre Botschaft weiter voranzubringen. Die Deutsche Bierakademie ist dabei die einzige Firma in Deutschland, die bundesweit unabhängig und zuverlässig diese Dienstleistungen anbieten kann. Deswegen gibt es sie! 😉

Wie hat sich die Bierakademie seit 2013 entwickelt?

Sehr spannend. Am Anfang ging es mir vor allem darum, das Wirrwar an Bier-Aktivitäten von meiner Werbeagentur zu trennen und auf eigene Füße zu stellen. Dass das mittlerweile so große Dimensionen angenommen hat, freut mich riesig, war aber ursprünglich gar nicht gedacht. Unser großes Plus war (und ist) sicher, dass wir uns schon seit mindestens 2005 intensiv mit dem Thema Bier beschäftigen, viel publiziert haben und durch unseren Standort Bamberg gar nicht in den Verdacht geraten, einfach nur als Hipster auf einer Welle mitreiten zu wollen. Unser Konzept war von Anfang an, den Biermarkt als ein komplexes Phänomen anzusehen, in dem jede Ausrichtung ihren Platz und ihren Sinn hat. Es macht keinen Sinn, wenn große Brauereien gegen kleine, „Craft“ gegen „Industrie“ oder sonstige Grabenkämpfe ausgefochten werden. Am Ende haben alle ein gemeinsames Ziel: Die Menschen sollen gerne gutes Bier trinken. Diese Anschauung macht uns interessant für Auftraggeber aus allen Richtungen und aller Größe. Wir arbeiten für die großen wie Pilsner Urquell, Warsteiner, Veltins, Maisel & Co. genauso wie für die kleinen Brauereien in unserer fränkischen Heimat oder unseren anderen Standorten in Berlin und München. Übrigens engagieren uns auch alle Brauerei-Verbände, was mich persönlich sehr freut und ehrt, zeigt es doch, dass man uns auch vertraut, mit den sensiblen Themen des Bieres wie Sucht und Nebenwirkungen gut umzugehen.

Wie muss ein korrekt durchgeführtes Tasting in ihren Augen aussehen und was unterscheidet einen Laien von einem gelernten Bier-Sommelier?

Das kommt ein bisschen auf das Ziel des Tastings an. Wenn es einfach ein paar nette Menschen sind, die gutes Bier trinken und mehr darüber erfahren wollen, dann sollte auf jeden Fall schon mal die Auswahl der Bierstile stimmen. Das bedeutet für uns zum Beispiel, dass wir mit drei bekannten Bierstilen starten, mit denen wir unseren Gästen die Aromatik der Rohstoffe des Bieres gut nahebringen können. Meist ist das ein Bayrisch Dunkel (Malz), ein Pils (Hopfen) und ein Weißbier (Hefe). Anschließend sollte die Region ins Glas kommen.

In Franken ist das z.B. ein Keller- oder Rauchbier, in Köln ein Kölsch, in Düsseldorf ein Alt oder in Berlin eine echte Berliner Weisse. Danach machen wir ein Pause und verkosten anschließend internationale Bierstile, damit die Teilnehmer auch über den Tellerrand hinausschauen können. Dazu gehören dann auch extreme Aromen wie bei einem Imperial India Pale Ale, einem Imperial Stout oder einem belgischen Sauerbier. In der Regel reichen wir zu jedem Bier auch eine kleine Speise, um von Anfang an das Thema Foodpairing ebenfalls in das Tasting einfließen zu lassen. Natürlich hat man nicht immer so viel Zeit und die passenden Rahmenbedinungen, dann kann eine Verkostung auch schon mal aus nur vier oder fünf Bieren bestehen.

Ein erfahrener Biersommelier sollte auf jeden Fall immer ein schlüssiges Konzept haben, nach dem er vorgeht, er sollte die Geschichte(n) des jeweiligen Bierstiles und der Brauerei des jeweils servierten Bieres kennen, und er sollte vor allem in der Lage sein, gut mit den Teilnehmern um- und auf sie einzugehen. Powerpoint-Folien oder endlose Monologe haben in einer guten Verkostung nichts zu suchen.

Was hast Du für Tipps für Anfänger zu einem gelungenen Tasting?

Am wichtigsten sind drei Dinge, bevor es überhaupt ans Verkosten geht: Erstens muss das Bier möglichst frisch und – wenn es doch schon etwas länger unterwegs war – zumindest gut gelagert worden sein. Zweitens sollte die Verkostungstemperatur stimmen. Bei den klassischen deutschen Bierstilen sind das ca. 8-10 Grad, bei den aromatischeren und kräftigeren Bieren wie Bock, IPA oder Sauerbier sollten es eher 10-12 Grad sein.

Und drittens braucht es ein gutes Verkostungsglas. Wenn Sie nicht zufällig ein passendes Bierverkostungsglas haben, nehmen Sie am besten ein schönes Rotweinglas, geben ca. 0,1 – 0,2 Liter Bier hinein, achten dabei darauf, dass auch etwas Schaum auf dem Bier ist – und dann kann es losgehen: Farbe und Schaum beschreiben, Geruch, Geschmack, Mundgefühl und Abgang. Am Ende kann man sich noch ein paar Gedanken zum Gesamteindruck machen. Dann sind Sie schon auf einem guten Weg.

Markus Raupach 2

Wie sieht der Alltag eines Bier-Sommeliers aus?

Das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Ich bin ja nicht nur Biersommelier, sondern habe auch noch zahlreiche andere Tätigkeiten. Außerdem liebe ich die Abwechslung. Wenn wir die letzten sechs Wochen als Beispiel nehmen, dann war ich in dieser Zeit in der Jury von zwei großen Bierwettbewerben in München und Brüssel, habe zwei Brauereitouren organisiert und begleitet (einmal mit Chilenen durch Bayern und einmal mit Berlinern durch Brüssel), war in Kopenhagen auf dem Meeting der European Beer Consumers Union und zuvor auf einem Kongress in Shaoxing (China) eingeladen.

Dazwischen hatte ich mehrere Verkostungen und musste die Texte für mein aktuelles Buch über den Frankenwein abgeben. Aktuell war ich auf der Braumesse in Nürnberg, wo ebenfalls Vorträge und Verkostungen auf dem Programm standen, heute Abend machen wir ein großes Bierkulinarium und nächsten Montag steht eine Schulung an der Kulmbacher Genussakademie rund um Edelbrände an… Sie sehen, langeweilig ist es nicht gerade 😊

Welches sind Deine Lieblingsbiere?

Das ist gar nicht so einfach, weil es einfach auf die jeweilige Situation ankommt. Als Franke bin ich mit malzbetonten und Rauchbieren aufgewachsen. Das mag ich eigentlich immer sehr gerne. Aber ich trinke auch gerne mal ein belgisches Witbier oder ein gut gemachtes, hopfenbetontes IPA. Das ist ja gerade das Schöne am Bier: Man findet immer eines, das gerade passt.

Braust Du selbst Bier? Wenn ja wie und was?

Das mache ich nur im Rahmen von Braukursen. Dabei geht es darum, den Teilnehmern den Prozess und die verschiedenen Vorgänge nahe zu bringen. Ansonsten überlasse ich das Brauen lieber den Leuten, die es wirklich gelernt haben und können. Allerdings habe ich schon für einige Bier-Rezepturen Pate gestanden, darunter das Jubiläumsbier für das fränkische Bierfest in Nürnberg 2016 und das Jubiläumsbier der Berliner Sparkasse, die 2018 ihr 200jähriges Bestehen feiert. Hier habe ich jeweils geforscht, wie die Biere in der damaligen Zeit waren, und gemeinsam mit den Braumeistern eine passende Rezeptur für die „moderne“ Umsetzung erarbeitet.

Wie sieht die Zukunft des Bieres in Deutschland aus? Was sind zu erwartende Trends? Wird der pro Kopf Konsum wieder steigen?

Die Antwort ist gar nicht so einfach, weil sich gerade sehr viel auf dem deutschen Biermarkt tut. Der Konsum von alkoholhaltigem Bier wird sicher weiter zurückgehen, dafür ist aber das alkoholfreie Bier in einem ständigen Aufwärtstrend. Außerdem hat die so genannte Craft Bier Welle den deutschen Konsumenten und sein Verhalten nachhaltig beeinflusst. Die Menschen kaufen wieder bewusster Bier, insgesamt zwar weniger – lieber einen Sixpack als einen Kasten, sie sind aber bereit, mehr dafür auszugeben. Zudem rücken regionale Brauereien immer mehr in den Fokus, und es gibt ja auch tatsächlich immer mehr Neugründungen. Wer also gute Biere mit Charakter herstellt, hat sicher beste Chancen für eine gute Zukunft als Brauer in Deutschland.

Hast Du ein paar Tipps für Kraftbier0711.de?

Oh, das ist schwer, aus der Ferne betrachtet, sehe ich vor allem Dinge, die Ihr richtig macht. Mir gefällt die Internetseite sehr gut, sie ist ausgewogen und bringt viele Hintergrundinfos, gut aufbereitet und attraktiv…

Wow, das ist ja fast ein Ritterschlag. Lieben Dank an Markus Raupach für dieses tolle Kennenlernen und die Antworten auf unsere Fragen. Zugegeben, er hat uns noch ein paar Extratipps mitgegeben, da werden wir aber noch drauf eingehen in 2019. Seid gespannt! Wir wünschen Dir, Markus alles gute für die Zukunft und bereichere bitte weiterehin so unsere Bierkultur!

Foto im Holzkeller: Christian Lietzmann