Brauer Steckbrief

Tobias Hess


von ÜberQuell

Tobias Hess

von ÜberQuell

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Name: Tobias Hess
Alter: schon zum zweiten Mal 20
Braumeister bei: ÜberQuell Brauwerkstätten auf St Pauli direkt an der Elbe
Hobbies: Natur erleben, Motorradfahren, Lesen, Nachdenken und Produktforschung betreiben

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Im Gespräch mit Tobias Hess

Warum braust du Bier?

Aus mehreren Aspekten: Angefangen habe ich damit, weil ich einer erfüllenden Arbeit nachgehen wollte, welche eine mir zuträgliche Balance aus körperlicher und geistiger Arbeit bietet. Meine Kreativität ausleben zu können ist mittlerweile ein ziemlich wichtiger Punkt, das war in Gesellenjahren leider nicht immer möglich. Das Bierbrauen ist eben ein schöner schöpferischer Prozess auf den ich gerne intuitiv und spontan Einfluss nehme.

Wie bist Du zum Bierbrauen gekommen?

In meiner Schulzeit fing ich schon früh an, mir etwas Geld in den Ferien zu verdienen. Dadurch hatte ich schon Einblicke in verschiedene handwerkliche Berufe. Letztendlich wuchs dann allmählich mein Interesse an Bier mit der Zeit, als ich erstmals Bier genießen durfte. Dann folgte ein Praktikum in der Versuchs- und Lehrbrauerei Weihenstephan und 3 Monate später begann ich dort auch schon meine Ausbildung zum Brauer und Mälzer.

Was war Dein erstes Bier?

Hm, das müsste entweder ein „1543er“, ein Weißbier aus meiner Geburtsstadt oder ein bayrisches Helles aus dem Nachbarlandkeis gewesen sein. Zugegeben, damals trank man auch in Oberbayern auf dem Lande mal gerne ein Bier aus der Gegend um Paderborn, Jugendsünden eben 😉

Wo warst Du überall?

Relativ viel zuhause, dann aber mehr draußen. Späßchen. Also: Aus dem Chiemgau zog ich einst los an die Grenze zu Niederbayern, um dort meine Lehre zu absolvieren, danach noch Zivildienst gemacht und zurück ins Alpenvorland. Nach paar Jahren in der Heimat und dem Meisterbrief in der Tasche ging es dann los nach Briansk in Russland. Dort kam ich auf den Geschmack und der Stein ins rollen. So folgten längere Aufenthalte in Belize, danach in Uganda und darauf in Guadalajara in Mexiko. Langsam wurde es dann aber Zeit und ich beschloss, mich wieder nach Deutschland zu orientieren und landete schließlich in Hamburg bei ÜberQuell.

Welches Bier ist Dein Lieblingsbier?

Ein definitves Lieblingsbier habe ich eigentlich nicht, dafür bin ich zu sprunghaft und neugierig. Es kommt auf vieles an, wie ist das Wetter, was ist der Anlass, Glas oder Flasche ? Wenn man sich zu sehr auf ein bestimmtes Bier versteift, verpasst man nur andere gute Biere. Aber wenn ich genau überlege, dann sind das so Überraschungsbiere die einen voll aus den Socken hauen, weil man sich was anderes erwartet hat. Das freut mich dann sehr. Gut gemacht muss es auf jeden Fall sein und Hand und Fuß haben, dann bin ich schon happy.

Was ist Dir am Brauprozess besonders wichtig?

Mir Zeit zu nehmen ist mir sehr wichtig. Und daß man spontan sein kann.  Auch mal ein Rezept, welches man schon mehrmals geändert hat schlußendlich dann doch wieder ganz anders zu brauen. Und daß man nicht alles immer 100% gleich macht. Es ist ja ein lebendiger Prozess und da ist es doch nur logisch, daß Biere auch individuell sein können. Aus  technologischer Sicht ist mir auf jeden Fall Hygiene und Reinlichkeit sehr wichtig. Sonst kann man sich das Brauen sparen, wenn am Ende das Bier ne Macke bekommt, weil irgendwo der Schmuddel drin war.

Was war Dein bestes Erlebnis beim Brauen?

Das dürfte tatsächlich der erste Versuch abseits des Reinheitsgebots gewesen sein und das war dann noch eine Punktlandung. Das könnte eigentlich sogar weiter oben bei den Lieblingsbieren dabeistehen. Ein Mango-Habanero Ale – das war ein Ding !

Was ist mal so richtig schief gelaufen?

Wir brauten in Mexiko im Kundenauftrag ein Bier und dabei ist den Brauern unbewusst ein kleines Missgeschick passiert. Das Bier wurde mit zwei verschiedenen Hefen angestellt und schon während der Gärung war klar, daß da was nicht stimmt. Das Bier schmeckte aber außerordentlich gut, war mikrobiologisch in Ordnung, nur war es nicht so, wie es sein sollte. Der Chef wollte es eigentlich vernichten. Wir haben es dann 5 Wochen später auf dem alljährlichen Festival de Cerveza ausgeschenkt es war als meist bestelltes Bier am Ende fast komplett verkauft. Nur reproduzierbar war es leider nicht…

Wie siehst Du die Zukunft der Brauindustrie?

Bei der Brauindustrie weiß ich nicht so recht, vielleicht besinnt man sich dort auch mal wieder etwas mehr auf Vielfalt und Natürlichkeit zurück. In der Craft Branche hoffe ich jedenfalls auf viele neue Mitstreiter mit neuen Ideen, um den deutschen Biergeniessern mal wieder etwas Abwechslung bieten zu können. Diesbezüglich hoffe ich, daß sich mal etwas bei unserem Reinheitsgebot von 1516 (!) tut. Meiner Meinung nach sollte man den Brauern überlassen, was sie in ihr Bier tun, solange das alles fein säuberlich auf dem Etikett steht, wo ist das Problem ? Dann soll der Biertrinker selbst entscheiden, ob er zum Beispiel RHG-konformes oder doch mit anderen natürlichen Zutaten Gebrautes zu sich nehmen möchte. Da gehört dann selbstverständlich auch eine Anpassung der Deklarationspflicht dazu. Ich sage nur Filterhilfsmittel oder Stabilisationsmittel.

Craft to the people !

Lieben Dank an Tobias Hess von den ÜberQuell, für dieses klasse Interview. Wir wünschen Dir viel Erfolg und mach weiter so!