Guillem und Peb von Santa Pau Aleworks

Guillem und Peb von Santa Pau Aleworks

Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Guillem und Pep von Santa Pau Aleworks aus Catalonien, Spanien zu unterhalten. Die Jungs dort brauen ein Wild Ale nach dem anderen. Und wir sind total verrückt nach diesen wilden und unkonventionellen Bieren, deshalb ist das Thema für uns umso interessanter. Vor allem, wenn es sich um solche limitierten und kleinen Editionen handelt, wie Santa Pau produziert. Die Brauerei gibt es bereits seit 2013 und sie liegt mitten im idyllischen Naturpark Vulkan Garrotxa.

Guillem, Pep, woher kommt ihr und wie seid ihr zum Bier gekommen?

Pep: Wie bei vielen Brauern beginnt alles mit einem Hobby, dem Heimbrauen. Nachdem ich 2013 meinen Job verloren hatte, wurde dieses Hobby zu meinem Beruf. Ich begann das Projekt mit mehr Energie anzugehen, baute einen alten Stall in eine Brauerei um und recycelte Milchtanks, um mit der Hilfe von Freunden und Bekannten meine eigene 400-Liter-Maschine zu bauen.
Bis 2019 erledigte ich alle Aufgaben in der Brauerei allein, und das bedeutet eine Menge Arbeit und Ausdauer, um die Qualität, die Innovation und das Design des Produkts zu verbessern und einen Weg zu finden, das Produkt in einer Region zu verkaufen, in der es keine Bierkultur gab und Craft-Bier im Vergleich zu anderen Getränken nicht geschätzt und bekannt war. In Barcelona und Catalonien ist der Boom von Craft Beer etwas Neues im Vergleich zu anderen Ländern in Europa.

Guillem: Ich begann wie Pep mit Homebrewing, aber an einem anderen Ort, in der Nähe von Barcelona. Nachdem ich mein Biologiestudium abgeschlossen hatte, begann ich 2012 ein Professionalisierungsprojekt zum Thema Bier an einer Hochschule. 2014 verließ ich die Brauerei Capfoguer, die heute eine Brauerei und Braugaststätte in Barcelona ist. In den folgenden Jahren kombinierte ich meinen Job mit Homebrewing, Kollaborationen und Aktivitäten, die mit Bier zu tun hatten und interessierte mich mehr und mehr für den Hopfenanbau. 2017-2018 arbeitete ich in einer F&E-Abteilung in der wichtigsten Brauerei Barcelonas. Danach, und nach mehreren Kollaborationen mit Pep, begann ich mit ihm und damit bei Santa Pau Ales zu arbeiten.

Wie habt ihr Santa Pau ins Leben gerufen? Was ist die Geschichte dahinter?

Wir kamen beide aus Städten in der Nähe von Barcelona. Wir sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Santa Pau gezogen, aber waren auf der Suche nach der gleichen Sache, einem ruhigen und schönen Ort zum Leben. Später haben wir uns kennengelernt, weil wir Nachbarn waren und zufällig für das selbe Thema begeisterten.

Was bedeuten wilde Biere für euch? Was weckt euer Interesse an diesem Thema?

Für uns sind wilde Biere, die mit natürlichen und wilden Hefen und anderen Mikroorganismen vergoren wird. Das bedeutet, dass die Gärung des Bieres nicht durch kontrollierte und selektierte Hefen aus einem Industrielabor oder von einem Anbieter mit perfekt bekannter Leistung erfolgt, sondern ganz natürlich.
Wir bemühen uns, möglichst viele km0-Rohstoffe zu verwenden, Malz, Hopfen, Früchte, Pflanzen … und was kommt dann? Hefen! Aber natürlich! Warum sollten wir industrielle und domestizierte Hefe verwenden, die von weit her kommen? Wir leben und arbeiten an einem Ort voller Gärungspotential, nicht nur in der Umgebung, sondern auch in Blumen, Pflanzen, Früchten, Holz, usw …
Wir befinden uns auch in einem Land voller Destillerien und Weinkellereien, wo Fässer üblicherweise für die Reifung und Gärung verwendet werden und viele Weine mit natürlicher Hefe vergoren werden, die in den Trauben vorhanden sind. Dieses Wissen und diese Ressourcen können wir gut nutzen, um es auf unser Bier anzuwenden und neue Wege zu gehen, einheimisches Bier mit besonderen Eigenschaften zu vergären.

Welche Arten von Wildbieren habt ihr bereits gebraut?

Wir haben viel experimentiert. Es ist schwierig mit dieser Art von Gärung ein gutes Ergebnis zu erzielen. Vor zwei Jahren haben wir begonnen, uns mit dieser Methodik zu beschäftigen. Aus manchen verrückten Ideen wurde ein kommerzielles Bier, andere wiederum waren ein komplettes Desaster. Die Vielfalt der Gärungsstarter ist riesig und die Möglichkeiten sind sehr umfangreich. Einige Arten von Wildbieren werden mit mehreren Hefen (und nicht nur mit einer Hefe) vergoren, die in Früchten wie Trauben aus den Weinbergen von Santa Pau (MUMMUM) kommen.
Andere Biere werden mit den Hefen und Bakterien vergoren, die auf Blumen zu finden sind, welche in der Nähe der Brauerei wachsen (UO).
Für NINGÚ haben wir das Bier in gebrauchten Holzfässern vergoren, nachdem wir das Biere eine Zeit in einem offenen Tank gekühlt haben, um die vielen Arten von Mikroorganismen, die sich im Kühlprozess darauf legen, zu nutzen.

Wie sieht euer Brauprozess aus? Wie geht ihr damit um?

Abhängig von der Art des Bieres, das wir brauen, haben wir einige unterschiedliche Prozesse. Wir brauen nicht nur Wildbiere, sondern auch andere Ale-Stile. Die wichtigste Vorgabe, die wir haben, ist, die reinen Hefestämme für die Stile mit kontrollierter Gärung zu erhalten, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Aus diesem Grund führen wir sehr genau Protokoll, um die Risiken zu minimieren.
Manchmal, abhängig von der Herkunft der gärenden Inokulation (Impfung), müssen wir einige Schritte hinzufügen, um die Basis zu verbessern, weil sie eine geringe Hefe- und Bakteriendichte haben könnte. Aber wir versuchen, diese Schritte zu vermeiden, um ein Bier so wild wie möglich zu lassen.

 

Woher bekommt ihr die Inspiration und Ideen für neue Biere?

„Ideen zum Gären im und für den Vulkan-Naturpark Garrotxa“. Das ist unsere Philosophie, und der beste Weg, ihr zu folgen ist, den Ort, an dem wir leben, zu genießen und die natürlichen Ressourcen, die kulturellen Eigenheiten und das Volkswissen in unserer Region auszuschöpfen. Unsere Zusammenarbeit und Treffen mit den örtlichen Landwirten oder einfach ein Spaziergang vor Ort rund um die Brauerei können eine gute Inspiration für neue Ideen sein.
Aber wir dürfen nicht vergessen, dass auch Literatur und Treffen mit anderen Brauern eine gute Quelle für Wissen und Inspiration sind. Die Namen und Etiketten für unsere Biere brauchen Inspirationen aus der Kultur und der lokalen Kunst.

Was ist mal so richtig schief gelaufen? Woraus habt ihr am meisten gelernt?

Es gibt viele Handicaps beim Brauen von Wildbieren. Der Preis, den wir für diese Art von Bieren bezahlt haben, ist hoch, weil einige unserer Versuche wirklich schief gelaufen sind und kleine Pilotversuche nicht auf einen industriellen Prozess skaliert werden können.
Außerdem ist die Replizierbarkeit unserer Biere etwas zu schwierig. Wir müssen umdenken und verstehen, dass die Produktion von der Jahreszeit und der Meteorologie abhängt und die Kontrolle und der menschliche Einfluss auf die Gärung nur gering ist.

Habt ihr schon mit anderen Brauereien zusammengearbeitet?

In den letzten Jahren haben wir gerade eine Reihe von Kollaborationsbieren namens „collective mind“ mit einigen starken fassgereiften Stilen gehabt.

Wie kommen die Wildbiere in Spanien an? Gibt es einen Markt dafür?

Einige Wildbiere sind dank der Globalisierung und des Craftbeer-Booms in Städten wie Barcelona nach Spanien gekommen. Hheutzutage ist dieser Bierstil immer noch nicht bekannt und selbst in spezialisierten Bierläden und Brauereien schwer zu finden.
Es gibt nur wenige nationale Brauereien, die Wildbiere in ihren Projekten einführen und die Präsenz ist nach wie vor sehr selten. Aus diesen Gründen, der Knappheit des Binnenmarktes und dem Eintritt von international bekannten Wildbieren, ist es schwierig, mit diesem Bierstil zu arbeiten und ihn zu verkaufen.

Wie geht es weiter?

Unsere Idee ist es, die Nähe zu den Rohstoffen immer mehr zu verbessern und zu versuchen, nicht nur Gerste, sondern auch andere lokale Getreidesorten mit Braupotenzial zu vergären. Lokales Bier hat keinen Sinn ohne lokale Herkunft der Zutaten. Einerseits können wir in Catalonien etablierte Hopfenkulturen in der Nähe finden, aber andererseits ist die Malzindustrie so spezialisiert, dass es schwierig ist, lokale und kleine Mälzereien zu finden. Glücklicherweise gibt es in Catalonien einige interessante Projekte, die versuchen, zu 100% mit lokalen Zutaten zu arbeiten.
Aber das Wichtigste für uns ist, dass wir unsere Arbeit genießen und weiterhin eine gute Zeit haben, während wir dabei lernen und einzigartige Biere entwickeln.