Interview mit dem Deutschen Brauer-Bund

Interview mit dem Deutschen Brauer-Bund

Wir haben den Deutschen Brauer-Bund angeschrieben und wollten mal wissen, was ins Bier darf und was nicht. Natürlich können wir das alles auch auf der Seite selbst durchlesen, aber wir waren gespannt, was der Pressesprecher, Herr Huhnholz, uns dazu sagen kann.

Der Deutsche Bauer-Bund nimmt die Interessen der gesamten Bauwirtschaft in Deutschland wahr, und bekämpft unlauteren Wettbewerb. Er fördert den Erfahrungsaustausch und befasst sich mit den wirtschaftlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Gebieten des Bieres. Zu den Mitgliedern zählen Regional- und Fachverbände, sowie Mitglieder aus Gruppen der Brauwirtschaft. Seit dem Gründungsjahr 1871 behauptet sich der Deutsche Brauer-Bund mit einer starken Stimme für das deutsche Kulturgut und vertritt die gesetzlichen und gesellschaftlichen Interessen des Bieres. Ein Einsatz, den wir sehr zu schätzen wissen. Darum hat es uns umso mehr interessiert, was hinter diesem Bund steht und wir wollten genaueres erfahren.

Im Gespräch mit Herrn Huhnholz

Herr Huhnholz, bitte erklären Sie uns einmal genauer, was die Aufgaben des Deutschen Brauer-Bundes sind. Die Seite gibt einige Einblicke wieder, aber vielleicht können Sie uns diese kurz zusammenfassen?
Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) und die Mitgliedsverbände in der Region verstehen sich als Dienstleister für die gesamte Branche. Sie unterstützen Brauereien bei rechtlichen oder technischen Fragestellungen und setzen sich auf politischer Ebene bei Bund und Ländern sowie in Europa dafür ein, dass alle Brauereien in Deutschland optimale Rahmenbedingungen erhalten – junge Existenzgründer im Craftbereich genauso wie traditionsreiche Familienbetriebe und bundesweit tätige Brauereigruppen.

Besonders interessiert uns die Frage, aus welcher Idee heraus und mit welchem Ziel der Brauer-Bund entstanden ist?
Im 19. Jahrhundert bildeten sich wirtschaftliche Fachverbände verschiedener Branchen, wie z.B. der Apotheker oder der Buchhändler auf Grundlage der eingeführten Vereins- und Versammlungsfreiheit in Deutschland und mit dem Ziel der Interessenvertretung. Der Deutsche Brauer-Bund konstituierte sich im Jahr 1871 in Dresden mit dem Zweck der „Beratung der gemeinschaftlichen, gewerblichen Interessen, Wahrung derselben, sowie Vervollkommnung und Hebung des Gewerbe selbst im Wege freier Diskussion“, wie es den ersten Statuten zu entnehmen ist. Mehr als 1000 Brauerinnen und Brauer kamen zur Gründungsversammlung zusammen. Sie alle einte das Ziel, der Brauwirtschaft eine starke Stimme zu verleihen.

Wie hat er sich über die Jahre seit 1871 entwickelt?
Der Deutsche Brauer-Bund hat sich an die gesellschaftlichen wie auch politischen Gegebenheiten angepasst und sich als Fachverband auf die rechtliche, technische und politische Beratung und Interessenvertretung fokussiert. Aufgabe ist es aber auch, den guten Ruf des deutschen Bieres zu erhalten und zu fördern und sich insbesondere für den Erhalt des Reinheitsgebotes einzusetzen.

Steht das Reinheitsgebot über Allem, also war es der Grund für die Gründung des Brauer-Bundes?
Das Reinheitsgebot ist untrennbar verbunden mit deutscher Biergeschichte und Bierkultur. Für die meisten Brauer hierzulande sind das Reinheitsgebot und die Kunst, aus nur vier Zutaten eine große Vielfalt qualitativ hochwertiger Biere zu brauen, eine Selbstverständlichkeit, aber auch eine große Herausforderung und Ansporn, denn künstliche Zutaten oder Ersatzstoffe bleiben tabu. Das Reinheitsgebot ist seit über 500 Jahren ein zentraler Leitgedanke für die deutschen Brauer, bei der Gründung des Deutschen Brauer-Bundes aber standen wirtschaftliche Fragen der Branche im Vordergrund.

Deutscher Brauer Bund 2

Wo wird der der Bauer-Bund aktiv und wo kann man ihn in Aktion erleben?
Der DBB ist gemeinsam mit den Mitgliedsbrauereien und den Mitgliedsverbänden in vielen Bereichen aktiv. Ganz aktuell werden die deutschen Brauer Ende Januar in Berlin bei einem gemeinsamen Auftritt anlässlich der Messe Internationale Grüne Woche sichtbar. Hierbei geben ausgewählte Brauereien aus dem gesamten Bundesgebiet zusammen mit dem DBB einen kleinen Einblick in die deutsche Biervielfalt und die regionalen Bierspezialitäten. Auf der zentralen Website reinheitsgebot.de gibt es nicht nur viele Informationen zur Braugeschichte, Braukunst und Bierkultur, es werden auch Profile von Brauern und Bieren dargestellt und somit ein recht umfassendes Bild über die Branche gezeigt. Letztendlich engagieren sich die deutschen Brauereien gemeinsam mit dem Bundesverband und den regionalen Verbänden im Rahmen verschiedener Präventions- und Aufklärungskampagnen gegen Alkoholmissbrauch unter der Dachkampagne Bier bewusst genießen.

Was darf ins Bier und wer legt das genau fest? Wann ist ein Bier ein Mischgetränk und warum gehen manche Kräuter, Gewürze, Früchte, als problemlos für das Reinheitsgebot durch und manche nicht?
Gesetzlich ist festgelegt, dass zum Brauen von Bier nach dem Reinheitsgebot grundsätzlich nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe verwendet werden dürfen. Wer in Deutschland Bier nach dem Reinheitsgebot braut, stellt ein geschütztes „Traditionelles Lebensmittel“ her und darf hierbei nicht die zahlreichen, meist künstlichen Zusatzstoffe (E) verwenden, welche die EU fürs Brauen zugelassen hat.

Wenngleich das Brauen in Deutschland auf die vier Zutaten beschränkt ist, versteckt sich jedoch dahinter eine immense Vielfalt an Möglichkeiten, gutes Bier zu brauen. Den Brauern stehen rund 250 verschiedene Hopfensorten und 40 verschiedene Malzsorten zur Verfügung, außerdem gibt es knapp 200 unterschiedliche Hefestämme. Auch die Wahl des eingesetzten Wassers hat Auswirkungen auf das Aroma des Bieres. Ganz zu schweigen von den Besonderheiten der Brauverfahren. Unter Berücksichtigung aller Varianten bestehen weit mehr als eine Million verschiedene Möglichkeiten, ein Bier nach dem Reinheitsgebot zu brauen.

Nach geltendem Recht gibt es aber eine Ausnahmeregelung für sogenannte „besondere Biere“. Damit wird Brauern die Herstellung von Bieren ermöglicht, die zum Beispiel mit Gewürzen wie Anis, Zimt oder Nelken sowie Früchten wie Orange oder Kirsche produziert werden. Bekannte Bierstile, die seit jeher vom Reinheitsgebot abweichen, sind zum Beispiel die Berliner Weiße oder die Leipziger Gose. Demnach dürfen aber nur solche weiteren Zutaten verwendet werden, die dem Bier einen besonderen Charakter bzw. einen besonderen Geschmack verleihen. Malz- oder Hopfenersatzstoffe sind auch bei „Besonderen Bieren“ nicht erlaubt. Die Genehmigung erfolgt durch die jeweils zuständigen Landesbehörden. Diese Regelung gilt für alle Bundesländer bis auf Bayern.

Man muss hier aber unterscheiden: Biermischgetränke sind im Gegensatz zu „besonderen Bieren“ trinkfertige Mischungen von Bier und anderen Getränken sowie Getränke, denen Bier oder Malzextrakte sowie gegebenenfalls Frucht- und Kräuteraromen als charakteristische Merkmale neben anderen Zutaten zugesetzt werden.

Deutscher Brauer Bund 1

Welche Hilfsmittel konkret und welche Zutaten dürfen benutzt werden, neben Hopfen, Malz, Hefe und Wasser?
Zur Beantwortung der Frage, welche Hilfsmittel und Zutaten zum Einsatz kommen, gilt es grundsätzlich wie bei allen Lebensmitteln zu unterscheiden zwischen Zutaten, Zusatzstoffen und technischen Hilfsstoffen.

Für das Brauen von Bier sind das Vorläufige Biergesetz sowie die Zusatzstoffzulassungsverordnung geltendes Recht. Hierin wird nicht nur geregelt, was ins Bier darf, sondern vor allem, was zum Brauen nicht verwendet werden darf. Im Unterschied zu Brauereien im Ausland dürfen deutsche Brauereien, die Bier nach dem Reinheitsgebot herstellen und es auch so deklarieren, bis heute keine Aromen, keine Farbstoffe, keine Stabilisatoren, keine Enzyme, keine Emulgatoren und auch keine Konservierungsstoffe verwenden. Das Bierbrauen bleibt nach wie vor auf die Verwendung der vier natürlichen Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe beschränkt – und ist dadurch deutlich aufwändiger und anspruchsvoller als in den meisten ausländischen Brauereien.

Bier nach dem Reinheitsgebot besitzt – wie bereits zuvor erwähnt – den Status eines „Traditionellen Lebensmittels“, so ist es von der EU ausdrücklich festgehalten. Für „Traditionelle Lebensmittel“ kann das EU-Zusatzstoffrecht auf nationaler Ebene eingeschränkt werden. Genau diese Möglichkeit hat Deutschland ergriffen und lässt für Reinheitsgebotsbiere außer Kohlensäure und Stickstoff als Treibgase keinerlei Zusatzstoffe zu. Dies ist in Deutschland im Vorläufigen Biergesetz sowie in der Zusatzstoffzulassungsverordnung festgeschrieben. Dass dieser Umstand die Wertigkeit unserer Biere erhöht, steht außer Zweifel.

Um Hefezellen und andere Trubstoffe aus dem Bier zu entfernen, werden Biere häufig filtriert. Bei der modernen Bierfiltration werden hierfür ausschließlich Filterhilfsmittel mit mechanischer Wirkungsweise als technische Hilfsstoffe eingesetzt, die unlöslich und völlig geschmacksneutral sind. Der Einsatz chemisch wirkender Hilfsmittel ist unzulässig.

Wer entscheidet darüber, ob ein Bier, als Bier angesehen werden darf oder nicht? Handelt es sich hier um einen Mehrheitsbeschluss der Vertreter aus der Braubranche, oder entscheidet einfach das Reinheitsgebot darüber?
Es gibt ein höchstrichterliches Urteil, das stellt klar: Auch sogenannte „besondere Biere“, die etwa unter Verwendung von Früchten oder Gewürzen in Abweichung von den Regeln des Reinheitsgebotes hergestellt werden, dürfen unter der Bezeichnung „Bier“ in den Verkehr gebracht werden dürfen. Die Brauereien dürfen diese Biere aber natürlich nicht mit dem Siegel „Gebraut nach dem Reinheitsgebot“ versehen und müssen alle verwendeten Zutaten im Zutatenverzeichnis auflisten. Was im Einzelfall wie gebraut oder gekennzeichnet wird, das entscheiden allein die zuständigen Lebensmittelbehörden auf Grundlage der geltenden Gesetze. Das ist nicht Aufgabe eines Branchenverbandes.

Ist das Reinheitsgebot seit seiner Existenz schon einmal in Frage gestellt worden (wir sind überzeugt das dies schon oft geschehen ist) und mit welchen Fragen wird der Brauer-Bund konfrontiert?
Selbstverständlich wurde und wird wie viele Prinzipien unserer Zeit auch das Reinheitsgebot immer wieder hinterfragt. Wäre ja komisch, wenn es anders wäre. Tatsache ist: Die deutschen Brauer stehen zum Reinheitsgebot, und auch für die Verbraucher hat es einen hohen Stellenwert. Das hat eine FORSA-Umfrage des DBB Mitte Ende 2016 ergeben. Dabei sprach sich eine große Mehrheit von 83 Prozent der deutschen Verbraucher dafür aus, dass das Reinheitsgebot für Bier auch weiterhin bestehen sollte und keine anderen Zutaten als Wasser, Malz, Hopfen und Hefe erlaubt sein sollten. Lediglich 12 Prozent waren der Meinung, dass auch andere Zutaten erlaubt sein sollten.

Die häufigsten Fragen zum Thema haben wir übrigens anlässlich des 500. Jubiläums des Reinheitsgebots im Jahr 2016 zusammengetragen und ausführlich auf unserer bereits angeführten Themenwebsite beantwortet.

Ist schon einmal in Erwägung gezogen worden, das Reinheitsgebot zu erweitern, oder ist das ganz und gar undenkbar?
Das Reinheitsgebot für Bier ist sehr modern. Andere Branchen wie etwa die Bäcker oder Metzger arbeiten gerade hart daran, ihre Lebensmittel von künstlichen Zusatzstoffen zu befreien. Viele Handwerkskollegen beneiden uns Brauer um das Reinheitsgebot. Und die Verbraucher sind der Meinung, man sollte das Reinheitsgebot auch auf andere Lebensmittel übertragen, wie eine FORSA-Umfrage aus dem Jahr 2014 bestätigt. Demnach würden es 77 Prozent der Deutschen begrüßen, wenn es auch für andere Lebens- und Genussmittel ein Reinheitsgebot gäbe, bei dem gesetzlich vorgeschrieben ist, dass nur bestimmte Zutaten verwendet werden dürfen.

Wir wollen gerade anfangen mit Heimbrauen und überlegen uns auch das Bier eventuell später zu verkaufen. Worauf müssen wir achten und wann kommt der Brauer-Bund dabei ins Spiel?
Wir freuen uns über ein deutlich gestiegenes Interesse am Bierbrauen und der Braukultur. Für Hobby- und Heimbrauer gibt es vielfältige Informationsangebote im Internet, etwa über die Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer. Sobald Sie Bier privat brauen, müssen Sie dies bei der für Sie zuständigen Zollbehörde anmelden, aber erst ab einer jährlichen Biermenge von über 200 Litern auch Biersteuer abführen. Vorausgesetzt, Sie konsumieren Ihr Bier selbst und verkaufen es nicht. Sollten Sie Ihr Bier dann professionell anbieten und vertreiben wollen, stehen Ihnen die Kolleginnen und Kollegen des regional zuständigen Brauerbundes in allen Fragen gerne zur Verfügung.

Zu guter Letzt, was können wir als Blogger und Influencer der Bierbranche tun für die Zusammenarbeit mit dem Brauer-Bund?
Wir freuen uns über einen konstruktiven Dialog, um gemeinsam die Bierkultur in Deutschland voranzubringen und das Interesse der Verbraucher an der Biervielfalt und Braukunst zu fördern. Jeder Interessierte kann gerne mit uns Kontakt aufnehmen, über unsere Webseiten, Twitter oder Facebook. Wir freuen uns.

Vielen lieben Dank und ebenso für die tolle Arbeit die Sie täglich leisten. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Fotos mit Erlaubnis vom DBB, Berlin