Interview mit

 

Fal Allen

Interview mit Fal Allen

Wir sind mehr als glücklich Fall Allen, den Braumeister von Anderson Valley Brewing und Author diverser Bücher interviewen zu dürfen.

Fal Allen begann 1988 mit seiner professionellen Brau Karriere und braute damals für die Redhook Brewery in Seattle. 1990 wechselte er zur Pike Brewery als Haupt Braumeister und blieb dort für die nächsten 8 Jahre. Er gewann den Russell Scherer Award der Brewer’s Association für Innovation und Errungenschaften im Craft Brauwerk. Nach dieser Zeit nahm er den Posten als General Manager von Anderson Valley Brewing Co. im Norden von Kalifornien an. 2005 arbeitete er für 5 Jahre im Ausland als Braumeister für Archipelago Brewing in Singapur und kehrte 2010 als Braumeister zu Anderson Valley zurück. Als Autor schreibt er Bücher über Themen wie Barley Wine und die Gose. Ungewöhnliche Bierstile in den USA. Aber durch seine Erfahrung ist er viel rumgekommen und wir wollten einmal die Person Fall Allen kennenlernen und mehr über seinen Lebensweg wissen.

Fal, wie bist du zum Bier und dem Brauen gekommen?
Ich hab schon immer Bier geliebt, schon seit ich ein Kind bin hab ich immer Kronkorken und Bierflaschen gesammelt. Als ich ein Teenager war und die Möglichkeit Bier zu trinken hatte, musste mich meine Mutter hin und wieder ermahnen, da ich wie eine Brauerei roch, wenn ich heimkam. Sie wusste aber da noch nicht was aus der ganzen Sache einmal werden sollte. Mein Geschmack und meine Sensorik gegenüber Bier entwickelte sich während der Unizeit und ich hatte Zugang zu einem wesentlich breiteren Angebot an Bierstilen. Nachdem ich die Uni abgeschlossen hatte, fing ich an zu brauen und das wurde nach und nach auch mein Lieblingshobby. Daraus wurde später dann mein Hauptjob.

Was passierte so alles vor 1988?
Ich fing 1985 mit Heimbrauen an. Die Wissenschaft des Brauens faszinierte mich ziemlich schnell und später auch die Kunst dahinter. 1988 erbettelte ich mir meinen Weg in eine niedere Position in der Red Hook Brauerei in Seattle Washington. Ich durfte die Holzspunde aus den Fässern ziehen, danach durfte ich die Fässer waschen und nach ein paar Wochen durfte ich sie schließlich auch füllen. Als nächsten Schritt wurde ich in die Bierkelleraufgaben eingeweiht und zu guter Letzt durfte ich auch ein wenig brauen. 1989 nahm ich einen Job als Brauer in der Pike Place Brauerei an und nicht lange danach wurde ich zu ihrem Hauptbraumeister ernannt.

Was macht Dir am Braumeister Dasein am meisten Spass?
Mir gefällt die Übersicht über die Produktion unserer Biere. Ich bin verantwortlich für die Qualität und vertrete unsere Marke als Botschafter draußen am Markt. Ich muss auch hin und wieder die Fußböden sauber machen und Müll aufsammeln. Aber am Meisten gefällt es mir neue Biere und Brauprozesse zu entwickeln. Über die Jahre habe ich eine Menge Anfänge und Erfolge gesehen und habe diesen Teil des Jobs sehr genossen.

Was für Erfahrungen hast Du auf dem asiatischen Markt gemacht? Wo liegen die Unterschiede zum amerikanischen Biermarkt?
Es gibt eine Menge Unterschiede zwischen dem amerikanischen und asiatischen Biermarkt. Der nördliche amerikanische Biermarkt hat sich sehr stark den Bierstilen verschrieben. Im asiatischen Markt werden sehr viele leichte Lager Stile gebraut (viele davon sind wirklich sehr gute Biere), aber der asiatische Markt interessiert sich langsam auch für ein breiteres Spektrum an Bierstilen. Ich lernte während meiner Zeit in Asien enorm viele davon kennen. Doch die wichtigste Gabe der Asiaten war es nicht traditionelle Zutaten zu verwenden, um interessante Geschmackskomponenten zu erzeugen.

Fal Allen 1

Wann hast Du angefangen mit Schreiben und warum?
Ich fing mit dem Schreiben etwa um 1990 an. Stephan Mallory (der Herausgeber des Brautechnik Magazins) hielt eine Präsentation in Seattle über traditionelle Fasslagerung von Bier. Nach dem Talk sagte er zu mir, das er es begrüßen würde, wenn ich einen Artikel über fassgelagerte Biere verfassen würde. Ich fragte meinen Mitarbeiter und Freunde Dick Cantwell und Kevin Forhand, ob sie Lust hätten den Artikel mit mir gemeinsam zu verfassen (das lag sehr nahe, da wir gerade zusammen erst an fassgelagerten Ales gearbeitet hatten) und sie sagten ja. Nachdem ich diesen Artikel verfasst hatte, pappten in mir ein paar Dinge auf, die ich unbedingt mit einer breiteren Masse diskutieren wollte. So begann ich mit einer Kolumne im Brautechnik Magazin. Ich schrieb einige Jahre für sie und fand in dieser Zeit meine Profession und die Freude am Schreiben. Dick Cantwell und ich schrieben wenig später ein Buch über den Barley Wine Stil und wir arbeiten an einigen Artikeln zusammen. Hin und wieder schreiben wir noch gemeinsam – ich übernahm bei seinem Buch „on wood“ den technischen Part zum Beispiel. Er hingegen schrieb das Vorwort zu meinem Buch Gose und letzten Monat haben wir in seiner Magnolia Brewery in San Francisco auch eine Gose zusammen eingebraut.

Was liebst Du am Barley Wine?
Barley Wines sind nicht nur die Biere mit dem meisten Alkoholgehalt, sondern sind auch brautechnisch eine Herausforderung. Dies war auch der Grund warum Dick und ich das Buch schrieben mussten. Wir hatten beide Spass an den technischen Herausforderungen an diesem Bierstil. Sie sind wirklich großartige Biere und ich trinke sie so gerne, wie ich auch die andere Biere trinke. Ich liebe das Zusammenspiel der komplexen Aromen.

Hast du jemals eine deutsche Gose probiert? Wir sind uns ziemlich sicher, dass Du das hast! Aber hast Du die Braumethodik dafür in Deutschland gelernt? Oder woher kommt sie?
Die erste Gose, die ich probiert hatte, war Ritterguts Gose (ich hab sogar noch eine Flasche davon). Es war eine von zwei Flaschen die in die USA in dieser Zeit importiert wurden. Die andere Gose war eine Bayrischer Bahnhof Brauerei Gose (ich glaube die hatte ich aus Leipzig mitgebracht). Gose ist für mich ein total ausgefallener Bierstil. Es war für mich fast unbegreiflich, dass irgendjemand deutsches, sauersalziges Weizenbier mag. Aber heutzutage ist der Erfolg dieses Bierstils gar nicht mehr aufzuhalten.

Bevor ich das Buch zum Gose Bierstil geschrieben habe, flog ich nach Deutschland, um mehr darüber herauszufinden. Ich besuchte Brauereien die heutzutage noch Gose herstellen und sprach mit den Brauern vor Ort. Ich hatte sehr viel Glück auf so viele hilfsbereite Leute zu treffen während meiner Reise in Deutschland. Da gab es zum Beispiel Benedikt Koch, der gerade an einem Styleguide Buch für Berliner Weisse arbeitet, Edgar Schmidke, der Besitzer der Gosenschenke „Ohne Bedenken“, Matthias Richter von der bayrischen Bahnhofs Brauerei und Lars Marius Garsol, Bier Autor und Blogger von Larsblog. Diese 4 Gentleman waren besonders hilfreich neben so einigen anderen, die mir ihre Expertise und Erfahrung zu Teil werden ließen. Viele von Ihnen teilten sogar ihre Bierrezepte mit mir. Ohne die Hilfe der Brauer und Menschen hätte ich dieses Buch nicht so komplex und interessant gestalten können.

Wie groß ist der Hype in den USA um außergewöhnliche Bierstile, wie IPAS?
Der Hype um die IPAs in Amerika ist riesig – so wie in andern Ländern. IPA ist sowas wie eine allumfassende Kategorie und wurde mit der Zeit etwas ins Lächerliche gezogen. Stile, wie das Black IPA (bekannt auch als Hoppy Porter), Session IPAs (Hoppy Pale Ales), White IPAs (Witbiere) und einige andere, sind nur hopfigere Versionen der schon existierenden Bierstile. Es lässt sich halt besser verkaufen, wenn es IPA heisst – da IPA aus irgendeinem Grund attraktiv auf den Verbraucher wirkt. Aber bei aller Ehrlichkeit, die oben genannten Biere sind keine wirklichen IPAs. IPAs haben ziemlich unterschiedliche Parameter und dunkles Malz, wenig Alkohol und Witbier Zutaten gibt es in diesem Bierstil nicht.

Was ist Deine Meinung über nachhaltiges Brauen?
Ich mag das Konzept „Grüner“ zu werden. Aber das Wort Nachhaltigkeit mag ich nicht und versuch es nicht zu benutzen, außer es passt wirklich. Nachhaltigkeit definiert sich meiner Meinung dadurch sich auf einem bestimmten Level zu bewegen und dieses auch zu halten und in der heutigen Brauwelt geht es halt nicht ohne fossile Brennstoffe. Wir nutzen fossile Brennstoffe in quasi jedem Bauprozess und das ist wirklich nicht nachhaltig. Natürlich sollten wir allen Brauereien applaudieren, die Schritte in unternommen haben ihren Energiehaushalt zu reduzieren, aber ohne fossile Brennstoffe ist brauen heutzutage nicht möglich. Ich bevorzuge daher die Begriffe „Grün“ oder „umweltfreundlich“, das sind wahrscheinlich die ehrlichsten Begriffe, die man dafür verwenden kann. Meiner Meinung nach sollte jeder auf diesem Planeten sich Gedanken über den Verbrauch von Plastik und weiteren Materialien machen. Jeder sollte sich umweltfreundlicher engagieren und zudem versuchen zu recyceln oder wieder zu verwenden. Ich denke das wir als Brauer in Technologien investieren sollten, um diese Werte zu unterstützen. Sehr beeindruckend finde ich Brauereien, wie Sierra Nevada und New Belgium, die für mehr Umweltfreundlichkeit plädierten mit Mandaten und sie auch bekommen haben. Ich bin stolz über die Fortschritte, die wir mit Anderson Valley erreicht haben, aber da geht noch viel mehr.

Team Mädels

Was hat sich denn an den Brautechniken zwischen 1988 und heute konkret geändert?
In der Brautechnik hat sich seit 1988 nicht so viel geändert. Aber mein Verständnis für das Brauen hat sich deutlich verändert. Wenn man gutes Bier herstellen will muss man auch gute Rohzutaten verwenden, der Hefe Aufmerksamkeit schenken und alles geben, was sie braucht und sich generell um die Details bemühen. Die größte Veränderung zwischen den 80ern und heute liegt in der Qualität der Materialien und dem Zugang dazu. Wir haben heutzutage besseres Malz, eine große Vielfalt an Hopfenarten, besseren Zugang zu Hefesorten und zu den für das Bier wichtigen Bakterien.

Wie hat sich der Markt hingegen zwischen 1988 und heute verändert?
In den 80ern war man noch froh etwas Auswahl an Bier zu bekommen. Es gab fast nur amerikanische Lagerbiere. Dann kamen die Craft Brauer und wenn man genug Glück hatte, konnte man sogar eine Brauerei finden die schwarze, leichte oder Weizenbiere herstellte – Biere nach englischer oder deutscher Brautradition gebraut. Meistens beruhten die Bierstile auf dem Geschmack importierter Flaschenbiere, so dass die Brauer nicht wussten, wie das Bier eigentlich ganz frisch zu schmecken hat. Heute gibt es wesentlich mehr Bierstile, die auch sorgfältig gebraut werden und dazu mehr als 1000 verschiedene Biere zur Auswahl. Und das nicht nur in den USA, sondern auf der ganzen Welt. Es poppen ständig neue Brauereien aus dem Boden. Sie brauen traditionelle Stile ein oder sind so erfinderisch ihre eigenen Bierstile zu entwerfen. Bierstile, dienlich nie zuvor da waren. Es ist gerade eine wichtige Zeit für Brauer und Bierfans.

Gibt es viele Brauerinnen in den USA? Wächst die weiblich Brauszene langsam an?
Ja die Anzahl der Frauen im Bierbusiness wächst und ich bin sehr glücklich darüber. Ich versuche immer Brauerinnen anzustellen. Wir hatten diverse Brauerinnen in der Pike Place Brewery in Seattle. Und wir haben Brauerinnen momentan in unserem Team. In den vergangenen Jahren hatten wir zeitweilig auch drei gleichzeitig beschäftigt. Wir brauchen mehr Gleichheit in den USA. Es ist immer noch schwierig in der weiß dominierten Wirtschaft, farbige Menschen oder Frauen zu beschäftigen. Das kann wirklich einschüchternd sein. Ich bin begeistert von Leuten, die sich sagen, das die Mehrheit zwar gegen mich ist, aber ich liebe das Brauen und deshalb stell ich mich dagegen. Das braucht echt viel Mut. Unsere Industrie sollte sich lieber darum kümmern, dass man herzlich und mit offenen Armen aufgenommen wird. Und wenn jemand das in unseren Kreisen nicht duldet, dann sollten wir ihn vom Gegenteil überzeugen. Eins der Dinge, was wir dafür tun können, ist die Art und Weise, wie wir Marketing betrieben. Wenn Bier Werbung nicht so übertrieben werden würde, dann würden die Leute Bier mit anderen Augen sehen und merken, das Bier noch andere tolle Seiten hat. Ich hoffe die Tage der falschen Biervermarktung für fast 30% der Gesellschaft sind bald vorbei.

Was kommt als Nächstes?
Keine Ahnung, aber ich habe Hoffnung. Ich hoffe wir kehren zu mehr trinkbaren Bieren zurück. Biere die leicht zu trinken sind und dabei einen tollen Geschmack haben und interessant sind. Ich habe schon immer ein gut gemachtes Pilsener genossen, aber bis heute sind diese Biere in den USA schwer zu finden. Ich hoffe auch auf mehr leckere Lagerbiere und es wäre toll wenn es mehr Möglichkeiten gäbe für Sauerbiere. Sauerbiere, wie die Gose oder die weniger starken, fassgereiften Sauerbiere. In Btu IPAs setze ich ebenso große Hoffnung. Brut IPAs haben einen sehr guten Alkoholpegel der sich zwischen 5,5-7% einpendelt und eine perfekte Bitterkeit zwischen 28-36 IBUs. Sie haben tolle Hopfenaromen und das Beste ist, sie sind leicht zu trinken, durch die trockene Gärung. Das hoffe ich in Zukunft mehr zu sehen. Natürlich bin ich mir auch sicher, dass es weitere abgefahrene Zutaten geben wird und die Geschmäcker noch reichhaltiger werden – das ist selbstverständlich…

Danke Dir Fall Allen, für das beantworten unserer vielen Fragen. Wir hoffen Du wirst die Zukunft des Brauens noch weiter positiv beeinflussen und wünschen Dir dabei viel Erfolg und nur das Beste.