Interview mit

 

Lohrmanns Brew

Interview mit Lohrmanns Brew

Lorhmanns Brew hat uns ein paar schöne Biere geschickt und wir haben sie probieren dürfen. Mehr dazu könnt ihr in diesem Post lesen. Aber da steckt noch mehr dahinter, hinter dem Team um die Brauerei und den Professoren der teschnischen Universität Dresden. Was genau wollten wir herausfinden.

Wie seid ihr auf das Projekt gekommen? Wie hat das Projekt gestartet?

Im Jahr 2015 beschlossen die zwei Professoren Jan. J. Weigand und Thomas Henle aus der Anorganischen Chemie und der Lebensmittelchemie der TU Dresden in einer nüchternen Fakultätssitzung den Kauf einer Brauanlage. Ein Vorhaben, das nicht nur jene Versammlung, sondern ganze kommende Studentenjahrgänge gehaltvoll bereichern wird.

In der Folge reifen sowohl das erste Bier als auch der Traum einer Uni Brauerei – alles im Rahmen eines Braupraktikums für Studierende an der Technischen Universität Dresden und begleitet von einem vierköpfigen Brauereiteam, bestehend aus wissenschaftlichen Mitarbeitern jener beiden Professoren, die Lohrmanns ins Leben riefen.

Die Zeiger drehen sich und viel Brauwasser fließt die Elbe hinab. Anstich Mai 2019 – was lange braut, wird gut, denn die Gründung der ersten Universitätsbrauerei Deutschlands – der Lohrmanns Brauerei GmbH ist vollzogen. Die Nachfrage wächst wie Hefekulturen, die Gläser sind voll und die Stimmung euphorisch, denn die Mission von Lohrmanns für die nächsten 200 Jahre steht fest: ein Bier brauen, das Wissenschaft und Handwerk auf moderne Weise mit Leidenschaft vereint.

Woher kommt der Name Lohrmann?

Man übertreibt auf keinen Fall, wenn man sagt, dass die Geschichte von Lohrmanns bereits vor 200 Jahren beginnt. Konkret im Jahr 1828, als Wilhelm Gotthelf Lohrmann die Gründung der Technischen Universität Dresden forcierte. Für den Geodät und Astronom die Sternstunde seines Lebens – und zugleich der Beginn der Erfolgsgeschichte der heutigen sächsischen Exzellenzuniversität. Und von Lohrmanns.

Was bedeutet es in dem Bereich Bier zu forschen?

Vollmundige Geschichten rund ums Bier kann Jan J. Weigand, Professor für Anorganische Chemie an der TU Dresden und Gründer von Lohrmanns, einige erzählen, schließlich war schon sein Vater als Braumeister tätig. Die Faszination für das gebraute Gold ging auf den Sohn über und hielt auch an, als Jan J. Weigand nach Sachsen kam, um an der TU Dresden zu lehren. Die Wege des Hopfens sind mitunter weit verzweigt, aber genau dort traf er auf Thomas Henle, Professor für Lebensmittelchemie und späterer Mitbegründer von Lohrmanns.

Thomas Henle ist seines Zeichens ebenfalls ein profunder Kenner der hopfigen Materie, kam er doch bereits vor vielen Jahren von der TU München in Weihenstephan, wo er in der Nachbarschaft zur ältesten Brauerei der Welt gelehrt hatte, nach Dresden.
Bier gehört seit langem zu seinen besonderen Forschungsinteressen, daher war es nur konsequent, gemeinsam mit einem vierköpfigen Team bierbegeisterter Nachwuchswissenschaftler an der TU Dresden ein in seiner Form bisher einzigartiges und mittlerweile preisgekröntes Brauereipraktikum für Studierende der Chemie und Lebensmittelchemie aufzubauen und so immer ein Maß breit des Getränks im Braukessel zu haben. Und das Modell machte Schule. Innerhalb und außerhalb der Universität. Denn obwohl zunächst nur als Praktikum gestartet, fanden die selbstgebrauten Biere nicht nur unter den Studierenden rasch sehr viele begeisterte Abnehmer – und der Traum von der Uni Brauerei war geboren.

Seit Jahren profitieren Studierende vom Braupraktikum und lernen alles über die hopfige Materie. Vom Gärverlauf, über die Reproduzierbarkeit zu Alkohol- und Proteingehalt sowie Farb- und Bittereinheiten wird alles akribisch untersucht.

Was habt ihr bei euren Forschungen entdeckt?

Spannend war vor allem die Auswirkung der genutzten Hefe auf den Geschmack des Bieres. So wurden beispielsweise aus 9 gleichen Grundsuden 9 komplett unterschiedliche Biere in Bezug auf Geruch und Geschmack, allein durch den Einsatz verschiedener Hefestämme. Außerdem konnten selbst geringe Änderungen der Temperatur bei der Rastenführung im Maischprozess sensorisch im Produkt nachvollzogen werden. So ist die Forschung quasi direkt mit dem Gaumen verbunden. Vor allem geht es in unserer Forschung aber darum den Brauprozess mit all seinen Details und chemischen Reaktionen besser zu verstehen und das wiederum für die Entwicklung neuer Bierrezepte zu nutzen.

Ist euer Bier mit der Fachkenntnis nun besser als herkömmliche Biere?

Wir brauen auch nur mit Wasser. Aber wir wollen alles ganz genau wissen! Warum schmeckt das Bier so wie es schmeckt?! Süße, Bitterkeit, Nachtrunk? Welche Aromen machen den Geruch aus? Und wie lässt sich das beeinflussen und steuern? Auf dieser Grundlage und dem Wissen um die ablaufenden chemischen Reaktionen entwickeln und verfeinern wir unsere Bierrezepturen. Unseren Anspruch an eine gleichbleibend hohe Qualität können wir so auch erreichen und akribisch überprüfen.

Was ist an eurem Bier Besonders?

Präzision spielt bei Lohrmanns eine große Rolle. Genau wie Qualität, Kultur und Geschmack. Und davon hat unser Universitätsgebräu eine ganze Menge. Finden sich in ihm doch durchweg potente Hopfensorten in spürbar intensiven Anteilen sowie natürliche Geschmacksnoten aus dem besten Malz.

Überdies ist es aber auch die Mischung aus akademischer Erfahrung und privater Affinität, die bei Lohrmanns zu einem vollmundigen Ganzen gebraut werden. Das spiegelt die personelle Besetzung des Universitätsbieres deutlich wider, denn die Erfahrung, das Wissen und die Geschichten der Lehr- und Wissenskörper hinter Lohrmanns machen dieses Bier zu einem echten Bildungsträger. Als Deutschlands erste ausgegründete Universitätsbrauerei sind unsere Biere quasi einmalig.

Werdet ihr nun umschulen zum Brauer und Mälzer?

Aus dem vierköpfigen Team bierbegeisteter Nachwuchswissenschaftler der beiden Professoren entschied sich Sophia Vatterodt, ebenfalls Lebensmittelchemikerin und Diplom- Biersommelière, ins Team einzusteigen und sowohl das Produkt als auch die Vision von Lohrmanns vom Läuterbottich hinaus in die Welt zu tragen.

Gerade wenn es um ihre Tätigkeit als Biersommelière geht, gerät Sophia ganz besonders ins Schwärmen: „Bier ist einfach ein faszinierendes Produkt und Biersommelière zu sein, ist sehr vielfältig und anspruchsvoll. Das Vermitteln von Details über Schaum, Geruch, Farbe und Geschmack führt zu einem viel bewussteren Trinken und Genießen. Die Vielseitigkeit, die aus nur vier Zutaten entsteht, finde ich dabei sagenhaft. Dabei die Technologie hinter der Bierherstellung bewusst einzusetzen, um Feinheiten in den Produkten zu erzeugen, ist genauso spannend wie die Geschichten um die Entstehung der einzelnen Bierstile und Trinkgewohnheiten in den verschiedenen Ländern. Bier ist bei uns in Deutschland ein Schmierstoff für die Gesellschaft. Für unser Lohrmanns bedeutet das noch mehr Vielfalt, gekoppelt mit Hintergrundwissen und strengster Qualitätskontrolle. Das alles steht bei Lohrmanns im Fokus und liegt mir am Herzen.“

„Umschulen zum Brauer und Mälzer will keiner.“

Der Bau unserer eigenen Brauerei-Gastro im Herzen von Dresden im Kraftwerk Mitte schreitet voran. Im Herbst dieses Jahres wollen wir eröffnen. Hier planen wir regelmäßig an 15 Hähnen eigene Biere und Gastbiere auszuschenken. Dafür haben wir zwei erstklassige Brauer ins Team geholt. Gregor und Lutz sind schon jetzt bei der Entwicklung unserer dritten Sorte dabei und werden auch den Aufbau und die Installation unserer neuen Brauanlage von Anfang an begleiten. Wenn unser Braumeister Gregor ins Schwärmen kommt, hört sich das ungefähr so an: „Ich liebe Bier und bin fasziniert von der Einfachheit der Grundzutaten, welche ein so breites und vielfältiges Produkt erschaffen können. Und wenn man dann tiefer und tiefer in die Materie Bier und seine Zutaten eintaucht, wird man schnell feststellen das es ein riesiges und sehr komplexes Thema ist. Eine minimale Abweichung von den üblichen Parametern und mein Produkt kann sich geschmacklich komplett in eine neue Richtung entwickeln. Dieses Zusammenspiel aus moderner Technik, Handwerk und das Spüren, Riechen & Schmecken der Zutaten, die wir zum Bier brauen brauchen, macht den Job als Braumeister einzigartig.“

Was könnt ihr anderen Studenten und Brauern an Tipps und Tricks mitgeben?

Probieren geht über Studieren. Das ist im wahren Leben genauso wie beim Bier brauen. Man lernt mit jedem Sud dazu und nie aus. Jedes, wirklich jedes Bier hat Respekt verdient. Denn die Herstellung ist aufwendig und mühevoll. Hier ist im Idealfall Liebe hineingeflossen. Und das sollte man immer würdigen, auch wenn die Geschmäcker ja bekanntlich unterschiedlich sind.