Oli Lemke von der Brauerei Lemke Berlin

Oli Lemke von der Brauerei Lemke Berlin

Viele werden die Brauerei Lemke in Berlin kennen. Wir möchten Euch eine wenig durch die bewegte Geschichte der Brauerei führen und haben dazu Oli Lemke um ein Interview gebeten.

Schon seit 1999 wird bei Lemke mitten in Berlin Bier gebraut. Die Brauanlage dafür schweißte Oli Lemke in einer Garage selbst zusammen, und mit Hilfe von Freunden baute er einen heruntergekommenen S-Bahnbogen am Hackeschen Markt zur Gasthausbrauerei aus. Wir wollten aber mehr über die Geschichte und die Schwierigkeiten erfahren, die es auf dem Weg bis heute zu überwinden gab.

Im Gespräch mit Oli Lemke

Wo kommst du her, was ist Dein Background? Hast Du das Brauerhandwerk gelernt?
Ich bin zwar nicht in Berlin geboren, aber hier aufgewachsen. Zum Thema Bier bin ich ganz „klassisch“ über einen Studentenjob in einer Berliner Kneipe gekommen
. Habe dann an der TU Berlin Brauereitechnologie studiert.

Wie war das damals bei Euch? Wie seid ihr auf die Idee gekommen Craftbier zu brauen, als es noch keiner in Deutschland so kannte?
Eigentlich ging es nicht darum, explizit Craftbier“ zu brauen. Vielmehr habe ich auf Auslandsaufenthalten viele Erfahrungen und Eindrücke gesammelt und festgestellt: Bier kann auch anders schmecken und vermarktet werden! So reifte langsam die Idee, eine andere Art der Gasthausbrauerei in Berlin zu etablieren. Ergebnis war das Brauhaus am Hackeschen Markt, in dem auch heute noch die erste und selbst gebaute Brauanlage der Brauerei Lemke steht.

Was waren die Schwierigkeiten, durch die ihr hindurch musstet?
Der Aus- und Umbau eines alten S-Bahnbogens hat sehr viele Probleme mit sich gebracht. Aber das war
ja zu erwarten bei den alten Gemäuern. Jedoch standen wir kurz vor Eröffnung vor einer gänzlich unerwarteten Schwierigkeit: Eigentlich sollte die Brauerei einen anderen Namen tragen. Doch dieser hatte zu große Ähnlichkeit mit dem Namen einer Brauerei aus Sachsen-Anhalt, so dass wir ihn nicht verwenden durften. Also musste schnell ein neuer her – und so kam es übrigens zu „Lemke“.

Wie habt ihr weitergemacht?
Am Anfang haben wir viel ausprobiert und unsere Gäste auch mal überfordert: Wir hatten im ersten Halbjahr über 50 verschiedene Biere im Angebot, dazu japanische BBQ-Küche. Nach den ersten holprigen Monaten, die wohl jeder Gründer kennt, haben wir langsam unseren Weg geebnet: Unser Sortiment hat sich gefestigt, und nach und nach haben wir Brauerei und Gastronomie vergrößert. Zwischen 2003 und 2007 kamen weitere Gasthäuser zur Lemke-Familie. Und zwischen 2015 und 2017 haben wir unsere Flaschenabfüllung, einen neuen Lagerkeller und unser neues Sudhaus gebaut.

Was entsteht gerade bei Euch?
Wir feilen natürlich immer an neuen Bieren, insbesondere an weiteren Variationen der Berliner Weisse und an weiteren fassgelagerten Bieren. Nächstes Jahr kommt die Budike in jedem Fall in drei weiteren Variationen: auf Himbeeren, Holz und Waldmeister gelagert. Die gab es dieses Jahr schon als „limited editions“. Unser Barley Wine, sowie ein neues Imperial Stout stehen kurz vor der Abfüllung. Und es gibt natürlich, wie jedes Jahr, einen neuen Barrel Blend und das Byeast 2019. Außerdem haben wir auf unserem Brauereigelände noch eine Menge an Bautätigkeit vor uns.

Wer ist an dem Prozess beteiligt?
Wir sind acht Leute in der Produktion. Bei Neuentwicklungen hat in der Regel einer die Idee. Die Entwicklung selbst, inklusive Verkostungen und „finetuning“, ist dann immer Teamwork. Manchmal binden wir auch Externe ein: Bei der Entwicklung der Budike Weisse haben wir beispielsweise eng mit der TU Berlin zusammengearbeitet, indem wir mittlerweile fünfStudien / Masterarbeiten angeregt und betreut haben. Einer davon war Basti, der heute bei uns maßgeblich für die Sauerbierabteilung verantwortlich ist.

Wie geht ihr mit den Rohstoffen um? Was haltet ihr von Nachhaltigkeit?
Rohstoffe verbrauchen wir. Im Ernst, Berlin hat als Brauerei-Standort einen Nachteil: Geeigneter Hopfen und Malz sind hier in der Region einfach nicht heimisch. Wir müssen sie aus Süddeutschland oder dem Ausland holen, wenn es sich um besondere Aromasorten handelt. In den gastronomischen Betrieben arbeiten wir aber mit lokal ansässigen Unternehmen und Lieferanten zusammen. Und in der Brauerei anfallender Treber wird von einem Bauern aus Brandenburg abgeholt und zur Biogasproduktion verwendet. Außerdem verzichten wir weitestgehend auf die im Craft-Bereich üblichen PET-Kegs.

Lebt ihr Euren Traum heute und woher nehmt ihr die Leidenschaft immer weiterzumachen?
Nach wie vor fasziniert mich die Kombination von Wissenschaft, Handwerk und Kreativität – und welche geschmackliche Vielfalt hinter unseren vier Grundzutaten steckt. Es macht einfach Spaß zu sehen und zu schmecken, wie wir uns mit jedem neuen Testsud ein Stück weiter in Richtung „das perfekte Bier“ bewegen. Das alles geht aber nur mit einem starken Team! Eine Bierentwicklung von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt kann Jahre dauern.

Was kommt als nächstes?
Wir haben in den zurückliegenden drei Jahren viel in die Brauerei investiert. Damit haben wir jetzt Voraussetzungen und Kapazitäten geschaffen, den Flaschenabsatz kontinuierlich zu erhöhen. Was neue Biersorten angeht, hab ich ja schon fast alles verraten, aber halt nur fast, denn eine weitere Neuentwicklung gibt es noch, aber über die darf ich noch nicht reden 😉

Mega lieben Dank an Oli Lemke und sein Team. Wir wünschen Euch alles Gute und machtweiter so.