Thomas Tyrell vom Tyrell Braukunstatelier

Thomas Tyrell vom Tyrell Braukunstatelier

Wir haben die tolle Möglichkeit gehabt mit Thomas Tyrell vom Tyrell BraukunstAtelier Berlin ein Interview führen zu dürfen. Thomas bringt einiges an Erfahrung im Brauwesen mit. Davon wird er gleich mehr erzählen. Wir sind durch seine neue Biere, die in einem sogenannten Biermenü zusammengefasst nun erschienen sind auf ihn gestossen. Aber auch schon vorher kamen wir in den Genuss einer Biere. Einmal in Marienfeld bei Stone Brewing 2018 und bei dem alkoholfreien Bier von Quartiermeister hatte er ebenfalls seine Finger im Spiel. Darum sind wir umso gespannter, was hinter dieser interessanten Person steht.

Thomas wo kommst Du her und wie bist Du zum Bier gekommen?
Ich bin gebürtiger Westfale und bin eigentlich aus jugendlichem Leichtsinn zum Bier gekommen. Die Lust auf Schule verging mir sozusagen und ich schaute mich für schon nach Ausbildungsberufen um. In der Liste aller Berufe bin ich nur bis B vorgedrungen, da war ich gerade mal 16. Das war alles nicht sehr überlegt, aber ich lebe gerne mit dieser Entscheidung.

Wie ist Dein Werdegang nach über 30 Jahren als Brauer?
Ich habe nach der Lehre bei Pott’s Brauerei einige Jahre in unterschiedlichen Ländern und Brauereien gearbeitet. Unter Anderem Mitte der 90er in Portland, Oregon, wenn man so sagen darf die Wiege der US Craftbeer Bewegung. Irgendwann hab ich dann aber doch gemerkt, dass etwas Theorie helfen würde und es hat mich zum Studium nach Berlin verschlagen. Vor 6 Jahren ist dann Greg Koch mit Stone Brewing in Berlin aufgetaucht und mein erster Gedanke war: „Da will ich dabei sein!“

Da Du Dich intensiv mit Hefen befasst hast während Deiner Doktorarbeit, wie setzt Du den kleinen Mikroorganismus ein und was für einen Stellenwert hat er für Dich?
Die Mikrobiologie steht bei mir immer ganz oben. Wenn man sich überlegt, wieviel Milliarden kleiner Helfer schon bei einem „Homebrew“ im Einsatz sind, kann man sich vorstellen, wie groß der Einfluss erst bei einem großen Sud ist. Ein ganz wichtiger Punkt ist dabei auch, dass man, nachdem die Fermentation in Gang ist, nur noch schwer eingreifen kann. Das heißt der Anfangspunkt (z.B. Hefegabe/Würzekühlen) muss immer perfekt eingestellt sein.

Was hast Du Wesentliches über Bier in den letzten Jahren gelernt?
Ich habe viel über die Reifungsfähigkeit von Bieren gelernt und wie umwerfend Biere nach 2 oder 3 Jahren schmecken können. Das geht natürlich nicht mit allen Biertypen. Daher kommt auch der Ansatz für mein Brauprojekt.

Wie hat sich der Markt in Deutschland entwickelt und was ist der Grund, dass Du jetzt selbst durchstartest?
Ich glaube, dass die Menschen heute wesentlich offener und experimentierfreudiger geworden sind. Das hat in Deutschand natürlich auch zu Umwälzungen, Umdenken oder Kämpfen geführt. Zu der vielfältigen Brauereilandschaft in Deutschland haben sich neben den „jungen Wilden“ auch einige Traditionsbetriebe auf Ihre Kreativität besinnt. Und so gibt es eine sehr interessantes Nebeneinander. Gleichzeitig gewinnen „kreative“ Bierstile am Markt und Craftbeer nimmt langsam Fahrt auf. Langsam, aber stetig und noch auf niedrigem Niveau. Mein Bierprojekt hätte vor 3 oder 4 Jahren wahrscheinlich noch nicht funktioniert. Ob es jetzt funktioniert, weiß ich natürlich auch noch nicht. Ich selbst finde die Biere klasse.

Wo holst du Dir die Inspiration für Deine Kreationen? Was treibt Dich täglich an? Was macht Dein Biermenü so besonders?
Die Inspiration hole ich unter anderem aus der Groundbreaking Collaboration Serie, die ich bei Stone Brewing in Marienfeld damals mit betreut habe. Ich hatte die Aufgabe und die Möglichkeit mit 14 sehr berühmten Brauern eine Serie von gereiften Bieren zu brauen. Das waren sehr faszinierende Biere, die allerdings nahezu vollständig in die USA an die Förderer des Berliner Projektes zurückgingen. Daher hat hierzulande kaum jemand etwas davon mitbekommen. Sehr schade, wie ich finde.

Mit dem Tyrell Biermenü möchte ich sehr unterschiedliche Biere, zu einem Ganzen zusammenfügen. Als Aperitif ein Sauerbier, zum Hauptgang etwas süßer und schwerer der Gerstenwein (Barley Wine) und zum Abschluss oder Dessert ein Kaffee-Kakaostout. Ich glaube die Abfolge passt gut in einen schön gestalteten Abend mit Essen und guten Freunden oder der Familie. Zusätzlich gefällt mir die Idee, Menschen zu Ihrem eigenen Bierkeller zu inspirieren und Ihnen die Idee von reifungsfähige Bieren näherzubringen.

Was war Dein absolutes Lieblingsbier, dass Du locker bei untappd mit 5 raten würdest?
Die Kaiserweisse oder auch der Saure Axtmann aus der Groundbreaking Collaboration. Auch das „Virando Brasileiro com Madeira Amburana Vermelha“ ist ein einzigartiges Bier aus dieser Serie. Letzteres wurde in Amburana Holz gereift in dem normalerweise der traditionelle Cachaca lagert.

Was ist denn beim Brauen mal so richtig schief gegangen und was ist Dein absolutes Highlight, oder Dein absolut einprägsamster Moment?
Das allererste Bier aus der Pilotanlage bei Stone Brewing, welches wir versehentlich verdünnt haben. Herausgekommen ist dann ein „Broken gasket“ (kaputte Dichtungen) Session IPA.

Einen für mich einprägsamen Moment gab es beim Staatsbesuch des Amerikanischen Präsidenten Bill Clinton in Eisenach Ende der 90er. Ich durfte damals ein Bier überreichen. Das ganze drumherum um dieses so kurze Treffen war schon sehr verrückt. Und für mich ging es nur um eine Flasche Bier. Aber der Moment bleibt mir mein Leben lang in Erinnerung.

Was kommt als Nächstes?
Das Biermenü 2021 – Was denn wohl sonst!

Lieben Dank an Thomas Tyrell für die Einblicke. Super spannend, dass man so eine steile Karriere auch ohne große schulische Ausbildung machen kann. Das Biermenü ist jedenfalls große Klasse!