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Die Craft Beer Szene in Großbritannien und Irland

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Die Craft Beer Szene in Großbritannien und Irlandnd

Dass auch die etablierte deutsche Bierszene mit dem Craft Beer Fieber in Kontakt gekommen ist, das ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. In verschiedenen Craft Beer Städten Deutschlands findet sich inzwischen die ein oder andere kleine Brauerei und Craft Beer Kneipe, die nach eigenem Rezept und abseits industrieller Produktion und Einflüsse dem Bier ihren persönlichen geschmacklichen Stempel aufdrücken. Doch auch in anderen Ländern Europas hat die in den USA entstandene Alternativ-Bier-Szene Fuß gefasst. In diesen Artikel soll es dabei um den Norden Europas gehen, genauer um die Bierfreunde in Großbritannien und Irland sowie um ihr Verhältnis zum Craft Beer.

Biernation Nummer 2

Nach Deutschland sind die britischen Inseln die zweite große Heimat des Bieres in Europa, mit Wurzeln bis in die Eisenzeit. Dabei verfügen sie bereits ohne die Vielfalt von Craft Bieren über eine große Anzahl unterschiedlicher Biersorten. Insbesondere kann hier das typische britische Ale hervorgehoben werden, das im britischen Sprachgebrauch zu einem Synonym für das Bier selbst avancierte. Es ist bemerkenswert, wie dieses Obergärige sich im Laufe der Zeiten immer einen Platz neben dem weltweit etablierten untergärigen Pilsener erhalten hat.

Craft Beer in Großbritannien

Aufgrund der frühen Industrialisierung in Großbritannien konnten sich die verschiedenen Biersorten bereits früh über das ganze Land verteilen. Das führte dazu, dass es dort bis heute keine wirklichen verschiedenen Bierregionen gibt, aber auch dazu, dass verschiedene Sorten nebeneinander existieren konnten. Das sind völlig andere Voraussetzungen als in den Vereinigten Staaten von Amerika, dennoch eine gute Ausgangssituation für viele kleine Brauereien, die heute Craft Beer herstellen.

Dies ist nicht zuletzt der Grund, warum sich die britischen Hochburgen des Craft Beers ebenfalls über das ganze Archipel verteilen. Gerade die vier regionalen Hauptstädte des Vereinigten Königreichs London, Cardiff, Edinburgh und Belfast gelten als Hochburgen der unabhängigen Braukunst. Insbesondere das Timberyard in Edinburgh und das Porter’s Cardiff lassen sich hier hervorheben. Optisch und architektonisch könnten beide Pubs kaum weiter voneinander entfernt sein, dennoch bestechen sie durch ihre tolle Craft Beer-Auswahl sowie Live Musik und erstklassiges Essen.

Craft Pub

Irische Braukünste

Aber auch die Hauptstadt Irlands lässt sich als ein Craft Beer Hotspot klassifizieren. Das ist natürlich auch kein Wunder, gelten die Iren doch grundsätzlich als trinkfreudig. Wer schon mal in Dublin war, ist zweifelsohne mit dem Bezirk Temple Bar in Berührung gekommen, wo sich Touristen und Einheimische täglich treffen. Aber auch abgesehen vom touristischen Stadtzentrum lässt sich ein authentischer Pub an jeder Ecke erkennen. Man sagt sogar, dass es nicht weniger als tausend Bars und Pubs in der City gibt. Dementsprechend darf natürlich auch eine Craft Beer Szene nicht fehlen.

Interessante Anlaufstellen sind hier natürlich die verschiedenen Pubs von Porterhouse Brewing, darunter das Porterhouse Inn in Wicklow sowie der Temple Bar Pub und das Porterhouse North in Dublin. Die Brauerei versorgt die Pubs mit einer ganzen Reihe an unterschiedlichen Bieren. Besonders hervorzuheben ist hier sicherlich das „Oyster Stout“, das laut Beschreibung des Herstellers definitiv nicht für Vegetarier geeignet ist, aber auch das süße-aromatische, starke „Brain Blasta“ Ale.

Nennenswert ist zudem das Farmhouse Ale von Black Donkey Brewing, welches seit 2014 in Ballinlough oberhalb von Galway im Nordwesten Irlands gebraut wird. Alles was mit diesem Bier zu tun hat, geschieht hier auf 560 Quadratmetern. Dabei werden alle Arbeitsschritte manuell durchgeführt, keine Chemikalien oder sonstiger Unsinn landen im ungefilterten Bier. Das alles macht das Black Donkey Ale zu einem wahren Craft Beer, dem man seine Natürlichkeit und seinen Charakter bereits im Glas ansieht.

Nomen est omen

Der Brite hat seit jeher einen sehr typischen und eigenen Humor. Das schlägt sich auch im Craft Beer nieder. Dies bezieht sich nicht nur auf die Inhaltsstoffe (das Auster-Bier hatten wir bereits angesprochen), sondern insbesondere auch auf die Namen, die die Brauereien ihren Schöpfungen geben. Die Ridgeway Brewery in Reading, nahe London, benennt beispielsweise ihre saisonalen Biere auf eine ganz spezielle Weise. So heißen sie unter anderem „Bad Elf“, „Very Bad Elf“, „Seriously Bad Elf“, „Criminally Bad Elf“, “Insanely Bad Elf” und “Santa’s Butt”.

Die Schotten halten gleichsam dagegen und benennen ihre Craft Biere „Old Engine Oil“, „Snake Venom“ oder „Tactical Nuclear Penguin“. Die Schotten sind es übrigens auch, die seit Jahren gegen die Franken um das stärkste Bier der Welt kämpfen. Bislang war das Schorschbräu 57% aus Gunzenhausen in Franken das stärkste unter den Starkbieren, aktuell scheint jedoch Brewmeisters „Snake Venom“ mit 67,5% der Spitzenreiter zu sein.

Fazit

Gerade die britische Bierszene beansprucht seit jeher eine der experimentierfreudigsten und vielseitigsten Brautraditionen für sich. Daher werden Craft Biere auf diesem Markt besonders positiv aufgenommen. In den vier Regionen des Vereinigten Königreichs England, Wales, Schottland und Nordirland sowie in der Republik Irland finden sich demnach viele verschiedene kleine Brauereien, die auf unterschiedlichste Art und Weise, teils sehr traditionell, teils mit sehr modernen Braumethoden Biere mit unterschiedlichsten Rezepten brauen.

In Angesicht des eher mittelprächtigen Rufs von klassischem, englischen Ale kann dies den Inseln und ihrer Pubkultur durchaus eine große Zukunft bescheren, wenn international bekannt wird, dass Biere aus Großbritannien und Irland zu den vielseitigsten Produkten von ganz Europa gehören. Doch da haben die anderen europäischen Biernationen noch ein Wörtchen mitzureden, denn auch in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Tschechien ist die Craft Beer Szene auf dem Vormarsch. Eine goldene Zeit für alle Bierliebhaber.

Bildquellen: Unsplash – Alban Martel & MChe Lee