Ulrike Genz von Schneeeule

Ulrike Genz von Schneeeule

Wir freuen uns schon eine ganze Weile darauf Ulrike Genz von Schneeeule interviewen zu dürfen und nun ist es endlich soweit. Was hält die original Berlinerin von der original Berliner Weißen? Aber dazu gleich mehr.

Vorab ein kleiner Ausflug in die Schneeeule Brauerei. Schneeeule wurde in Berlin von Dipl. Ing. Ulrike Genz 2016 gegründet und widmet sich seitdem der klassischen Berliner Weiße. Alle Biere reifen in den Flaschen mit der speziellen Brett-Hefe (Brettanomyces) heran. Wegen dem feinen und gleichzeitig prickelnden Geschmackserlebnis, wird die Berliner Weiße auch als Champagner des Nordens bezeichnet.

Pasteurisiert und gefiltert, kommen die fruchtigen Bier schließlich in die Flasche. Die Hefen stammen aus teilweise bis zu 50 Jahre alten Flaschen und werden Zusammen mit der Würze aus kleinen, unabhängigen Brauereien in den Räumlichkeiten in Tegel/Borsig eingebraut. Die Biere von Schneeeule sind nicht nur beliebt, sondern auch geschmacklich ein echtes Highlight.

Ulrike, woher kommst und und was ist Dein Background? Erzähl doch mal ein wenig aus Deinem Leben.
Ich habe zunächst in Weimar Bauingeneurwesen studiert, war aber nach ein paar Jahren im Beruf nicht mehr richtig glücklich und habe mich dann entschieden, noch mal was Neues anzufangen. Das war dann Biotechnologie an der TU-Berlin.

Wie bist Du zum Bier gekommen? Und warum überhaupt Bier als Diplom-Ingenieurin?
Damals konnte man sich nach dem Hauptstudium auf die Fachrichtung Brau- und Getränketechnologie spezialisieren, was ich schließlich getan habe. Die Brauer waren einfach die coolsten und Bier mochte ich sowieso, da war das irgendwie klar.

Das Brauhandwerk ist keine leichtfertige Tätigkeit, was hat Dich zum Brauen gebracht?
Mir gefällt es etwas zu schaffen was anderen Freude bereitet. Aber zu aller erst muss es mir schmecken.

Warum ausgerechnet Berliner Weisse?
Verliebt habe ich mich in diesen Bierstil vor ein paar Jahren auf einer VLB-Oktobertagung. Die vom VLB-Braumeister Kurt Marshall gebraute Berliner Weiße hat den Ausschlag gegeben. Nachdem ich diese Weiße probiert hatte, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich konnte mir gar nicht mehr vorstellen, was anderes zu machen. Die nächsten Jahre durfte dann mein Mann als Tester sehr viele, mehr oder weniger geglückte, Homebrewingversuche über sich ergehen lassen, bis ich mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden war. Es geht mir aber nicht nur um das Bier an sich, sondern auch im die Berliner-Weiße-Kultur, dass das Bier aus einem anständigen Pokal getrunken wird ist mir genauso wichtig, wie die Verwendung der alten Hefen. Berliner Weiße war mal ein wichtiger Bestandteil des Berliner Lebens, der Berliner Kultur, und ich würde mich freuen, wenn das auch irgendwann wieder so wird.

Yasmin schneeeule

Kannst Du uns etwas zum Background der Berliner Weißen erzählen?
Bis zum ersten Weltkrieg war die Berliner Weiße mit über 700 Lokalen und bis zu 120 Brauereien das am meisten konsumierte alkoholische Getränk in Berlin.
 In der Blütezeit der Berliner Weiße, im 19ten Jahrhundert, waren es sogar bis über 200 Brauereien. Die Weiße wurde nicht nur im Biergarten getrunken, sondern war Teil des täglichen Lebens. Da die Trinkwasserqualität oft zu wünschen übrig ließ, trank man lieber Berliner Weiße. 
Ärmere Bürger holten sich die Weiße im Eimer ab und ließen sie Zuhause fertig reifen. Bierverleger vertrieben das Getränk weltweit und in den feinen Weißbiersalons der oberen Klassen wurde Jahrgangsweiße – mehrere Jahre alte Berliner Weiße – aus feinen Kristallpokalen geschlürft. Technisch gesehen ist eine Berliner Weiße ein milchsauer vergorenes Schankbier mit Brettanomyces in Flaschengärung gereift. Eine traditionelle Berliner Weisse sollte nicht mehr als 11°P haben, oder mit Früchten sein. Brettanomyces sind ein Muss.

Brettanomyces Hefen klingen spannend, was verbirgt sich hinter der Wunderwaffe der weissen Biere?
Brettanomyces ist ein interessanter, bisher wenig erforschter Organismus. Einige meinen es ist eine wilde Hefe, da sie oft auf Obst und Blüten vorkommt. Andere bezeichnen sie als Zivilisationsfolger, da sie sehr gut in Holzfässern überlebt und an das Leben in ihnen adaptiert ist. Fest steht, dass sie interessante Stoffwechselwege einschlagen kann, die über eine normale alkoholische Gärung hinausgehen und somit viele Aromakomponenten in das Bier bringt, die es interessant und mehrdimensional machen. Die aromatische Verwandtschaft mit Wein lässt sich nicht verbergen. Sowohl im Wein als auch im Bier ist Brettanomyces als Fehlaroma bekannt und gefürchtet.

Da die Hefen einen hohen Aufwand an hygienischen Vorkehrungen brauchen, wie geht ihr mit der Hefe so um? Welche Vorkehrungen trefft ihr und ist Euch schon mal was schief gegangen?
Sauber machen ist immer wichtig in der Brauerei. Man muss immer auch die langsame Arbeitsweise im Blick haben. Aus Fehlern lernt man und natürlich gab es hin und wieder Biere, die im Ausguss landeten…

Warum eine Eule? Und dazu noch eine seltene – die Schneeeule?
Es gibt einige Begründungen für die Eule und es kommen auch immer wieder passende Sachen hinzu:

  • Eine Eule als Weisheitsvogel mit dem Wissen um den alten Bierstil und Braumethoden und Organismen
  • Die Schneeeule als bedrohte Tierart, wie die Berliner Weisse ein vom Aussterben bedrohter Bierstil ist.
  • Die Optik: Flügel symbolisieren den voluminösen, feinen Schaum und das Gelbe in den Augen das Bier.
  • Grafisch: drei „E“ in der Mitte ein eleganter Vogel und ein eleganter Bierstil
  • Ein Altes Sprichwort sagt: „Wat diin iin siin Uhl is diin annern siin Nachtigall.“ – denn das Sauerbier schmeckt nicht jedem
Ulrike Genz

Wieviel seid ihr im Team und wer entscheidet über neue Geschmackssorten?
Wir sind momentan zu zweit. Mein Mann und ich.  Wir haben aber das Glück das uns von Zeit zu Zeit auch ein paar Freunde beim Etikettenkleben oder Abfüllen helfen (DANKE!!!!). Das machen wir momentan alles per Hand. Die Entscheidung entsteht in Gemeinschaftsarbeit.

Was kommt als Nächstes?
Umzug in größere Räumlichkeinten, so wir denn welche finden. Da wollen wir dann z.B. eine Flaschenfüllmaschine anschaffen und mehr Leute einstellen.

Vielen lieben dank an Ulrike für dieses geniale Interview und die tiefen Einblicke in die Herstellung einer original Berliner Weiße. Macht weiter so und bleibt mutig und stark!